W
ÜSTENBERG

Kanzlei für Naturschutz- und Gewässerrecht




 START
 ANWALT
 LEISTUNGEN
 HONORAR
PUBLIKATIONEN
 IMPRESSUM
 
 
 Naturschutzrecht  
 Gewässerrecht  
 Hafenrecht  
 Fischereirecht  
Tierschutzrecht  
Lauterkeitsrecht  






Hohe-See-Einbringungsgesetz
 

 
 
 
Gesetze
- Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972 (BGBl. II 1977 Seiten 180 ff.; BGBl. ab S. 165 ff.).
- Protokoll vom 7. November 1996 zum Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen von 1972 (BGBl. II 1998 Seiten 1345 ff.; Londoner Protokoll 1996) mit dem nationalen Hohe-See-Einbringungsgesetz (HoheSeeEinbrG).
- Seeaufgabengesetz des Bundes (SeeAufgG).

 
 

Ahndung von Taten (HoheSeeEinbrG allein)
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 HoheSeeEinbrG ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie ist für den Vollzug dieses Gesetzes zuständig. Es prüft die Voraussetzungen des HoheSeeEinbrG. Hier geht es um die Kreislaufwirtschaft (d.h. Abfalleinbringungsverbote) nach § 3 HoheSeeEinbrG.
 
 
Einbringungsverbot nach § 4 HoheSeeEinbrG
Nach § 4 HoheSeeEinbrG ist das "Einbringen von Abfällen und sonstigen Stoffen und Gegenständen in die Hohe See ... verboten. Ausgenommen von diesem Verbot sind: 1. Baggergut, 2. Urnen zur Seebestattung (Behältnisse, die mit der Asche aus der Verbrennung eines menschlichen Leichnams gefüllt sind), 3. Stoffe und Gegenstände, die im Rahmen von Maßnahmen des marinen Geo-Engineerings, die in der Anlage aufgeführt worden sind, eingebracht werden."
Das Gesetz bzw. das Londoner Protokoll spricht letztlich und identisch nur von Abfällen und Stoffen. Die "Gegenstände" sind ein Unterbegriff des Begriffs "Stoffe". Steine etwa -- auch dann, wenn von ihnen keine Verschmutzung ausgeht -- sind Gegenstände und somit Stoffe im Sinne des HoheSeeEinbrG. Kurzum: alles.
Ausnahme: Nach § 12 Nr. 3 HoheSeeEinbrG genießt das "Gesetz vom 23. Dezember 1981 zu dem Internationalen Übereinkommen von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe und zu dem Protokoll von 1978 zu diesem Übereinkommen" Anwendungsvorrang. Ist dieses Übereinkommen von 1973 einschlägig, so ist es das Übereinkommen von 1972 (mit Londoner Protokoll 1996) nicht.
 
 
Gefahrenabwehr auf See (SeeAufgG i.V.m. HoheSeeEinbrG)
Die Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung sind nach § 3 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1 Nr. 3 lit. b SeeAufgG sachlich zuständig für die Vornahme notwendiger Maßnahmen im Rah-men der Aufgaben, welche dem Bund auf dem Gebiet der Seeschifffahrt seewärts der Begrenzung des deutschen Küstenmeeres (§ 1 Nr. 3) zum Beispiel zur „Abwehr von Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie [zur] Verhütung von der Seeschifffahrt ausgehender Gefahren und schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes“ (§ 1 Nr. 2) oder zur „Abwehr von Gefahren sowie [zur] Beseitigung von Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in sonstigen Fällen“ (§ 1 Nr. 3 lit. b SeeAufgG) obliegen.
Das Tatbestandsmerkmal „auf dem Gebiet der Seeschifffahrt“ in § 1 vor Nr. 1 SeeAufgG ist erfüllt, „wenn der drohende bzw. verwirklichte Rechtsverstoß oder das konkret gefährdete bzw. verletzte Rechtsgut einen unmittelbaren Seeschifffahrtsbezug aufweist, d.h. wenn die Gefährdung oder Störung von einem Schiff aus erfolgt oder die Sicherheit von Seefahrzeugen betrifft.“ (BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 7 C 7.10, Rn. 10, NVwZ-RR 2011, 815). Also: Das Schiff bedeutet eine Gefahr für die Umwelt, oder eine Gefahr besteht für die Schiffe und deren Fahrt auf den Meeren (Hohe See ohne Küstenmeer).
 
Bezüglich der Befugnisse der Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ist § 3 Abs. 2 SeeAufgG nicht anwendbar. Die Übertragung von Aufgaben ist nur hinsichtlich Überwachungsaufgaben möglich (BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 7 C 7.10, Rn. 12, NVwZ-RR 2011, 815).
 
Für die deutsche Hohe See nach dem SeeAufgG ist das Wasser- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee bezüglich der Ausschließlichen Wirtschaftszone entlang der schleswig-holsteinischen Nordseeküste und sogar ab Elbmündung nahe Cuxhaven bzw. das Wasser- und Schifffahrtsamt Ems-Nordsee bezüglich der Ausschließlichen Wirtschaftszone entlang der niedersächsischen Nordseeküste bis kurz vor Cuxhaven (örtlich) zuständig, sofern es um die Aufgaben nach § 1 SeeAufgG geht und materiell-rechtlich (auch) das HoheSeeEinbrG betrifft.
Beispielsfall: Es werden Steine in die Nordsee nahe Sylt (Ausschließliche Wirtschaftszone) geworfen, welche die Schiffe und Schleppnetzfischerei beeinträchtigen können. Dann muss die zuständige Behörde nach SeeAufgG tätig werden und hierbei das SeeAufgG i.V.m. mit dem HoheSeeEinbrG anwenden. Aber nur, wenn es um die Gefahrenabwehr etc. nach § 1 SeeAufgG geht.
Entscheidend ist die Frage, ob ein Verstoß gegen das HoheSeeEinbrG wurde und dieser Verstoß eine Störung der öffentlichen Sicherheit auf Hoher See darstellt (Verstoß und Kausalität).Im Beispielsfall müsste das Anlagern der großen Steine eine Behinderung der Fischerei bedeuten. Ist das der Fall? Eher nicht?
 

 
 
Offenbach am Main, 10.11.2024
 
Copyright obiges Foto: pixabay.com/de