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Fischereirecht und Nordsee & Ostsee |
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Gesetze
Deutsche Gesetze sind insbesondere das
- Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ).
- Fischseuchenverordnung 2008 (FischSeuchV),
umsetzend die: Richtlinie 2006/88/EG des Rates vom 24. Oktober 2006 mit
Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur und
Aquakulturerzeugnisse und zur Verhütung und Bekämpfung
bestimmter Wassertierkrankheiten (RL 2006/88/EG), welche inzwischen ersetzt worden ist durch die EU-Verordnung „Verordnung
(EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.
März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung
einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit"
(Tiergesundheitsrechts-Verordnung VO EU 2016/429).
- Seefischereigesetz (SeeFischG) mit Seefischereiverordnung (SeefiV) und die Fischereigesetze der Länder.
- Verordnung über die Raumordnung in der deutschen
ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee und in der
Ostsee" (AWZROV).
- Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) mit der Verordnung über das Befahren der Bundeswasserstraßen in bestimmten Naturschutzgebieten (NSGBefV).
A. Internationales Recht:
Der Naturschutz mit dem Meeres- und Gewässerschutz ist in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen angesprochen.
1. Die Biodiversitätskonvention
Die Biodiversitätskonvention
(CBD) gilt (auch) für die maritimen Gebiete der Vertrasgsstaaten
einschließlich des Festlandsockels und der
Außenwirtschaftszone; Art. 4 CBD. Auf Deutschland bezogen
heißt dies: Alle Inseln sind umfasst, auch Helgoland. Sprich: die
gesamte Nordsee- und Ostseeküste Deutschlands.
Die Vertragsstaaten der Biodiversitätskonvention haben das erste Ziel ausgegeben, den „
Eigenwert
der biologischen Vielfalt" zu schützen (Präambel).
Zusätzlich ist der Wert der Bestandteile der biologischen
Vielfalt zu schützen. Der Eigenwert ist etwas Immaterielles. Die
biologische Vielfalt ist ein Wert an sich (Geschaffenes der Natur,
Schönheit der Natur, Wertschätzung der Natur als
Geschaffenes). Die Werte der Naturbestandteile ergeben sich aus ihrem
materiellen Nutzen (Verwertung, Ökonomie).
Das zweite Ziel ist die nachhaltige Nutzung der (Bestandteile der)
Natur. Nachhaltige Nutzung ist die Nutzung in einer Weise und in einem
Ausmaß, welche beide zusammen (Weise und Ausmaß) nicht zum
langfristigen Rückgang der biologischen Vielfalt führen (Art.
2 der CBD). Denn die küftigen Generationen sollen ja auch etwas
von der Natur sehen (hier von den insbesondere Fischarten, welche zum
Verzehr in Betracht kommen).
Das dritte Ziel ist die faire und gerechte Aufteilung der gezogenen Vorteile/Ressourcen (d.h. insbesondere der Fischfänge).
Vergleiche § 1 Absatz 1 BNatSchG:
„Natur und Landschaft sind auf
Grund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des
Menschen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen im besiedelten
und unbesiedelten Bereich nach Maßgabe der nachfolgenden Absätze so zu schützen,
dass
1. die biologische Vielfalt,
2. die Leistungs- und
Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts einschließlich der Regenerationsfähigkeit
und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter sowie
3. die Vielfalt, Eigenart und
Schönheit sowie der Erholungswert von Natur und Landschaft
auf Dauer gesichert sind; der Schutz umfasst auch die Pflege, die
Entwicklung und, soweit erforderlich, die Wiederherstellung von Natur und
Landschaft (allgemeiner Grundsatz)."
Exkurs Verwirklichung dieser Ziele: § 2 Abs. 3 BNatSchG: „Die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind zu
verwirklichen, soweit es im Einzelfall möglich, erforderlich und unter
Abwägung aller
sich aus § 1 Absatz 1 ergebenden Anforderungen untereinander und
gegen die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und
Landschaft angemessen ist." In der Rechtspraxis und behördlichen
Realität werden der Eigenwert der Natur und der
Lebensgrundlagewert der Natur weggewogen, also unter den Tisch
gekehrt... Denn der Naturschutzaspekt ist in einer
Behördenentscheidung nicht zu „beachten",
sondern -- sogar dann, wenn die Grundstücksflächen im
Eigentum der öffentlichen Hand stehen -- bloß zu „[in besonderer Weise] berücksichtigen"; § 2 Abs. 4 BNatSchG. Also: Theorie und Praxis klaffen auseinander.
Zurück zur Konvention CBD: Maßnahmen, welche von den Vertragsstaaten ergriffen werden
können und sollen, sind z.B. die Ausweisung maritimer, möglichst
vernetzter Schutzgebiete (zwecks Förderung der vielen auch
Mikroorganismen); Art. 8 CBD. Umfasst sind alle Lebewesen des
jeweiligen Ökosystems (Ökosystem-Ansatz). Im Wesentlichen
geht es um ein Monitoring, das Erstellen eines Datenmanagements, die
wissenschaftliche Erfassung. Vgl. im Artenschutz zum Lande z.B. das
Wolfsmonitoring gemäß Habitat-Richtlinie der EU oder das
Kormoranmonitoring gemäß EG-Vogelschutzrichtlinie.
Deutschland kommt seiner Verpflichtung nicht nach. Es fehlt noch immer
eine verbindliche Management-Regelung für die Bereiche Küste
u8nd Festlandsockel (Nordseeküste und Ostseeküste).
Deutschland verweigert die rechtsverbindliche Umsetzung/Verabschiedung
naturschutzrechtlicher Gebote und Verbote. Der Gesetzgeber (Bund) ist
untätig; es fehlen Durchführungsvorschriften wie
Ausführungsvorschriften betreffend das internationale Recht.
Fazit: Die Biodiversitätskonvention (CBD) ist in Deutschland noch
ein tendenziell zahnloses Blatt Papier (vgl. § 2 BNatSchG).
2. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen
Das
Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA bzw. CITES) gibt wie die
CBD Ziele zum Schutze der biologischen Vielfalt vor und gilt ebenfalls
in ganz Deutschland samt Küstenbereich. Umfasst sind alle
Tierarten und Pflanzenarten, welche in Deutschland vorkommen und
in den Listen (Anhängen) des Abkommens aufgeführt sind.
Theoretisch schützt das CBD mehr die Biotope/Ökosysteme,
während das WA mehr die Arten schützt. In Wahrheit jedoch
sind die Schnittmengen sehr groß.
Das
WA enthält Handelsverbote für bestimmte Fischarten,
Meeressäugetierarten (Wale, Delphine) und
Meeresschildkrötenarten. Hiernach hat der in der Nordsee heimische
Heringshai einen geringen Schutz, der in der Nordsee heimische Dornhai noch keinen Schutz. Der Dornhai wird zu Schillerlocken verarbeitet...
Das
Zertifikats- und Genehmigungssystem nach dem WA wirkt innerhalb des
zollfreien Gebiets der EU nicht hinreichend. Tendenziell gar nicht. Dies gilt insbesondere auch für den Handel mit Zierfischen.
Fazit: Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA) ist
in Deutschland wegen der Mitgliedschaft in der EU ein tendenziell
zahnloses Blatt Papier. Es fehlen verbindliche Vollzugsvorschriften
für die Importkontrolle an den deutschen Staatsgrenzen und an den
EU-Außengrenzen.
3. Die Ramsar-Konvention
Die Ramsar-Konvention (RK) dient dem Schutz der Feuchtgebiete,
welche Lebensraum für insbesondere Wasservögel und
Watvögel (Limikolen) sind. Die Konvention gilt auch für die
Küstengewässer bis zu einer Tiefe von etwa sechs Metern. Im
Kern geht es um den Habitatschutz (Ökosystemschutz) in
Wassernähe. Insbesondere sollen Schutzgebiete ausgewiesen werden
(Art. 4 RK).
Deutschland ist dem Vertrag beigetreten. Jedoch hat es zu diesem
Abkommen keine verbindlichen Ausführungsvorschriften erlassen. Von
den ca. 191 in Frage kommenden Feuchtgebieten Deutschlands sind ca. 35
Feuchtgebiete im Rahmen des EU-Rechts (Habitat-Richtlinie) in einen
Schutzstatus überführt worden. Das ist zu wenig.
Fazit: Deutschland verweigert die Umsetzung des Abkommens (RK) in deutsches Recht.
4. Die Berner Konvention
Die Berner Konvention (BK) ist in Deutschland zwar rechtsverbindlich.
Doch ist sie in ihrer Wirkung fast vollständig vom EU-Recht mit
der Habitat-Richtlinie und der EG-Vogelschutzrichtlinie verdrängt.
Beide Regelwerke stehen rechtlich nebeneinander. Zu schützen
wären Wanderrouten der Seevögel und Hundsrobben u.a. (Art. 4 Abs. 3 BK).
5. Bonner Konvention
Die Bonner Konvention (CMS) dient dem Schutz wandernder Arten
wie Zugvögel, Seevögel und Meeressäuger und
Meeresschildkröten über die Staatsgrenzen und die Hohe See
hinweg. Sie ist auf Hoher See zu beachten von den Verantwortlichen der
Schiffe, welche mit deutscher Flagge unterwegs sind.
Die Bonner Konvention ermöglicht den Abschluss von Tochterabkommen. Beispiele sind das „Tochterabkommen
zur Erhaltung der Seehunde im Wattenmeer und das zur Erhaltung der
Kleinwale in der Nord- und Ostsee, des Nordatlantiks und der Irischen
See (ASCOBANS) und das Afrikanisch-Eurasische Wasservogelabkommen (AEWA).
Das AEWA dient dem Artenschutz, dem Habitatschutz, der Forschung, dem
Monitoring etc. Es ist nur wenigen Menschen und Behörden bekannt.
Ein vergleichbares Abkommen besteht über die Kleinwale im
Schwarzen Meer (ASCOBAMS).
Fazit: In Deutschland fehlen wirksame Vollzugsvorschriften.
6. Das UNESCO-Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt
Diese Welterbekonvention (WEK) ist in Deutschland in Bezug auf die
Unterwasser-Kulturerbestätten nicht angenommen worden. Es fehlt an
verbindlichen Vorschriften zum Schutz der deutschen Stätten im
Küstenbereich. § 2 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG steht ohne Wert da: „Die internationalen Bemühungen auf dem Gebiet des Naturschutzes und der
Landschaftspflege werden insbesondere durch den Schutz des Kultur- und
Naturerbes im Sinne des Übereinkommens vom 16. November 1972 zum Schutz
des Kultur- und Naturerbes der Welt (BGBl. 1977 II S. 213, 215)
unterstützt." Worte nur auf dem Papier.
Fazit: Deutschland verweigert den Schutz insbesondere des Wattenmeeres als Weltnaturerbestätte.
7. Die Aarhus-Konvention
Die Aarhus-Konvention (AK) ist Schritt für Schritt in und mit § 3 UmwRG
umgesetzt worden. Bis heute noch unvollständig. Aber die
Vorschriften des UmwRG sollen noch in dieser Legislaturperiode
aktualisiert werden...
Naturschutzvereinigungen
und Umweltschutzvereinigungen nach § 3 UmwRG können im Namen
der Allgemeinheit vor den Verwaltungsgerichten klagen...
B. EU-Recht:
Die EU hat die ausschließliche
Zuständigkeit in folgenden Bereichen: ... Erhaltung der
biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen
Fischereipolitik; Art. 3 Abs. 1 lit. d AEUV. Die EU hat die von der
Union mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche: ... Umwelt; Art. 4 Abs. 2 lit. e AEUV. Der Begriff der Umwelt umfasst den Begriff Natur und ist weit zu verstehen. Nicht umfasst ist der Tierschutz; vgl. Art. 13 AEUV.
Die
EU darf Gesetzgebungskompetenzen betreffend andere Politikbereiche
stets für Umweltfragen nutzen. „Die Erfordernisse des
Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der
Unionspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung
einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden"; Art. 11 AEUV
(Querschnittsklausel Umweltrecht). Die Umweltpolitik der Union
trägt zur Verfolgung der nachstehenden Ziele bei: Erhaltung und
Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität; Schutz
der menschlichen Gesundheit; umsichtige und rationelle Verwendung der
natürlichen Ressourcen; Förderung von Maßnahmen auf
internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler
Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels;
Art. 191 Abs. 1 AEUV. Zur Erreichung dieser Ziele beschließen das
Europäische Parlament und der Rat „gemäß dem
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren"; Art. 192 Abs. 1 AEUV: Gesetzgebungskompetenz
. Die Gesetze des EU heißen Verordnung (Art. 288 Abs. 2 AEUV) oder Richtlinie (Art. 288 Abs. 3 AEUV).
Verordnungen der EU sind insbesondere:
- Fischerei-Grundverordnung VO EU 1380/2013,
- Kontroll-Verordnung Fischerei VO EU 2023/2842,
- SMEFF-Verordnung nachhaltige Bewirtschaftung Außenflotten VO EU 2017/2403,
- IUU-Verordnung Unterbindung illegale Fischerei VO EG 1005/2008,
- Verordnung Fischerei-Aufsichtsagentur VO EU 2019/473.
Richtlinien der EU sind insbesondere:
- Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie),
- Vogelschutzrichtlinie (VS-RL),
- Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MS-RL),
- Maritime Raumplanungs-Richtlinie (MRO-RL),
- Gemeinschaftliche Fischereipolitik (GFP).
Maritime Schutzgebiete sind einzurichten.
Art. 4 FFH-RL mit Verweis auf Anhang I (Lebensraumtypen); zum Beispiel
Ziffer 11 = „Meeresgewässer und Gezeitenzonen". Ziffer 1230
= „Atlantik-Felsküsten und Ostsee-Fels- und
Steil-Küsten mit Vegetation".
Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 3 VS-RL: „Die Mitgliedstaaten
erklären insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten
zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu
Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in
dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind."
Art. 4 Abs. 2 Satz 1 VS-RL: „Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geografischen Meeres- und Landgebiet,
in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen
für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig
auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und
Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren
Wanderungsgebieten."
Die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MS-RL)
datiert aus dem Jahre 2008 fordert die Mitgliedstaaten in ihren
Erwägungsgründen auf, die Verpflichtungen nach den
internationalen Abkommen zu erfüllen. Sie bestimmt als Ziel,
„spätestens bis zum Jahr 2020 einen guten Zustand der
Meeresumwelt zu erreichen oder zu erhalten." (Art. 1 Abs. 1 MS-RL) und
„die Berücksichtigung von Umweltbelangen bei diesen
Maßnahmen und Vereinbarungen sicherzustellen" (Art. 1 Abs. 4
MS-RL), wobei die deutsche Übersetzung des Art. 1 Abs. 4 MS-RL aus
dem Englischen fehlerhaft ist.
Dieses
Ziel ist von den Mitgliedstaaten als das zu erreichende Ziel
anzustreben (vgl. die englische Textversion der Richtlinie).
Deutschland hat die MS-RL mit den §§ 45a bis 45l WHG unvollständig umgesetzt. Die Ziele der Richtlinie sind bis heute nicht erreicht worden.
Die Maritime Raumplanungs-Richtlinie (MRO-RL)
dient der Ergänzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, datiert
aus dem Jahre 2014, verweist auf die MS-RL (Art. 5 MRO-RL), blieb
jedoch bis heute ebenfalls erfolglos.
Im Ergebnis haben die Richtlinien der EU (Gesetze) für den Umweltschutz in den Meeren (das Meer als Ökosystem) nichts erbracht. Stattdessen wird nun Politik
betrieben: die Gemeinschaftliche Fischereipolitik (GFP). Das Thema
Überfischung der Meere (Fischereimanagement) jedoch wird nicht
ernsthaft und konsequent angegangen. Die Schließung einzelner
Meeresabschnitte ist bis dato noch nicht erfolgt (vgl. aber den Erwägungsgrund 39
Satz 1 der MS-RL: „...damit die Ziele dieser Richtlinie erreicht
werden, einschließlich der vollständigen Schließung
bestimmter Gebiete für die Fischerei, so dass die Integrität,
Struktur und Funktion der Ökosysteme erhalten oder
wiederhergestellt und unter anderem gegebenenfalls Laich-, Brut- und
Futtergebiete geschützt werden können."
Die Gemeinschaftliche Fischereipolitik (GFP) wird in Art. 2 Fischerei-Grundverordnung VO EU 1380/2013 definiert. Die ersten dre Absätze lauten:
„(1) Die GFP stellt sicher, dass Fischerei- und
Aquakulturtätigkeiten langfristig umweltverträglich sind und auf eine Art und
Weise durchgeführt werden, die mit den Zielen der Erreichung eines
wirtschaftlichen, sozialen und beschäftigungspolitischen Nutzens und eines
Beitrags zum Nahrungsmittelangebot vereinbar ist.
(2) Die GFP wendet bei der Bestandsbewirtschaftung den
Vorsorgeansatz an und setzt sich bei der Nutzung der biologischen Meeresschätze
das Ziel, die Populationen fischereilich genutzter Arten in einem Umfang
wiederherzustellen und zu erhalten, der oberhalb des Niveaus liegt, das den
höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht.
Um das Ziel, die Fischpopulationen schrittweise
wiederaufzufüllen und oberhalb eines Niveaus der Biomasse zu halten, das den
höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht, zu verwirklichen, wird der Grad der
Befischung, der den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht, soweit möglich bis
2015, und unter allen Umständen schrittweise für alle Bestände bis spätestens
2020 erreicht.
(3) Die
GFP stellt durch Anwendung des ökosystembasierten Ansatzes bei der
Bestandsbewirtschaftung sicher, dass die negativen Auswirkungen der Fischerei
auf das Meeresökosystem auf ein Mindestmaß reduziert werden, und bemüht sich, dafür
zu sorgen, dass eine Verschlechterung der Meeresumwelt durch Aquakultur- und
Fischereitätigkeiten vermieden wird."
Die EU habe mehr als 800 Verordnungen erlassen und zig Milliarden Euro
Subventionen allein in der 2000er Jahren ausgeschüttet. Das
Ergebnis ist eine Verschlechterung der Fischbestände = weitere
Überfischung.
C. Deutsches Recht:
Das deutsche Recht besteht aus insbesondere dem...
- Grundgesetz (Art. 20a GG),
- BNatSchG (§§ 15 ff.) mit Vermeidungspflichten, Ausgleichspflichten und Ersatzmaßnahmenpflichten,
- BNatSchG (§§ 31 ff.) mit einer Naturschutzverträglichkeitsprüfung bei Projekten,
- WHG (§§ 45a ff.) zur Meeresbewirtschaftung.
Nach alledem (EU-Recht und deutsches Recht) haben Bürger und/oder
Unternehmen kein Recht auf unbegrenzte Nutzung der Gewässer,
insbesondere der Meere. Sondern der Staat müsste diese Nutzungen
(Beispiele: Fischerei und Windenergieanlage im Meer) regulieren. Dies
tut er bis dato unzureichend.
D. Thema Überfischung:
Die
Regelungen zum Thema Fischfangmengen sind alle internationale. Die
Meere werden genutzt für 1. Nahrung (Fischerei), 2. Transport
(Handelsbeziehungen), 3. Macht (Politik, Zölle), 4. Freizeit und
Erholung (Tourismus), 5. Rohstoffe (Industrie). Der Artenschutz und der
Naturschutz kommen zu kurz.
1. Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen
Die
Gewässer teilen sich auf in a) innere Gewässer, b)
äußere Gewässer = Küstenmeer von 12 Seemeilen, c) ausschließliche Wirtschaftszone von häufig 188 Seemeilen (AWZ), d) Hohe See (außerhalb der 200 Seemeilen).
In
den inneren Gewässern (z.B. zwischen Sylt, Amrum und Husum;
markiert durch die Basislinie als äußere Abgrenzung)
entscheiden die Staaten (Deutschland) alles selbst; Art. 8 und 2 SRÜ.
In
den äußeren Gewässern (= Küstengewässer von bis
zu 12 Seemeilen; markiert durch die Basislinie als innere Abgrenzung)
entscheiden ebenfalls die Staaten (Deutschland) alles selbst; Art. 3 und 2 SRÜ.
In
der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von bis zu 200 Seemeilen insgesamt (AWZ
nur 200 minus 12 = 188 Seemeilen)
entscheiden die Staaten weiterhin selbst, jedoch nur grundsätzlich; Art. 57, 56
SRÜ. Liegt der Festlandsockel bis zu 350 Seemeilen
von der Basislinie aus im Meer, ragt er also bis zu 150 Seemeilen über
die 200-Grenze hinaus (Art. 76 Abs. 4, Abs. 5 SRÜ), ändert dies am
Recht auf Fischerei nichts; Art. 69 SRÜ. Es ändert sich bloß das Recht
auf Rohstoffgewinnung. Innerhalb der AWZ darf gefischt werden.
Zum deutschen Festlandsockel
innerhalb der AWZ zählt Helgoland. Helgoland liegt auf dem Festlandsockel, zugleich nicht weiter
als 200 Seemeilen von der Basislinie entfernt. Die Entfernung zwischen
Cuxhaven und Helgoland beträgt rund 64 Kilometer. Helgoland liegt
deshalb nicht auf einem über die AWZ hinaus liegenden Teil eines
Festlandsockels. Erst recht nicht in der Hohen See.
Hier geht es zur Karte Deutschlands & die AWZ Deutschlands (auf Wikipedia). Dort sind auch die Naturschutzgebiete i.S.d. § 57 BNatSchG eingezeichnet.
Die
Hohe See liegt -- sich auf das Wasser oberhalb des weiter liegenden Festlandsockels (von 200 bis maximal 350 Seemeilen) --
außerhalb der AWZ (d.h. ggf. über dem über die AWZ hinaus liegenden
Festlandsockel; Grafik auf Wikipedia).
Deutschland hat keine Hohe See. Helgoland ist keine Hochseeinsel.
Für die Hohe See gilt nicht das Recht der Staaten, sondern allein
das übrige Internationale Seerecht (SRÜ).
Alle Vertragsstaaten (darunter Deutschland) sind verpflichtet, die
Meeresumwelt vor schädlichen Einträgen und Einwirkungen zu
schützen (Art. 194, 192, 208 SRÜ). Diese Verpflichtung greift
auch bezüglich der etwaigen Aquakulturen im Meer. Ob und welche
Einträge oder Einwirkungen von solchen ausgehen, ist eine
Tatsachenfrage.
Die Küstenstaaten müssen für ihre AWZ eine Fangmenge festlegen
(Gesamt-Obergrenze), und zwar aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse;
Art. 61 und Art. 62 SRÜ. Bezogen auf Nordsee/Nordostatlantik und bezogen auf
die Ostsee werden die Daten vom ICES (= International Council for the
Exploration ot the Sea) ermittelt. Die vom ICES ermittelten Zahlen
für die maximalen Fangmengen sind Schätzwerte. Ein Staat, der
weniger Fisch fangen lassen will, als es die Zahlen des ICES (in
anderen Regionen der Welt: Zahlen der jeweiligen Organisation)
hergeben, muss diese Nicht-Fänge anderen Staaten als Fangoption
übertragen; Art. 62 Abs. 3 SRÜ. Die EU kauft in Konsequenz
dessen eigene Fangrechte in z.B. afrikanischen Staaten ein, damit
Schiffe aus der EU Fisch für die EU-Bevölkerung fischen
können. Angeblich verzehren die EU-Bürger etwa 30 % Fisch aus
Gewässern innerhalb der EU und etwa 70 % Fisch aus fernen
Regionen.
Wenn
die Zahlen der Höchstmengen von den genannten Organisationen
biologisch zu hoch geschätzt/ermittelt werden, kommt es in den
Folgejahren zur Überfischung. Als weitere Ursache hinzu kommt die
rechtswidrige/illegale Fischerei, wenn und welche nicht kontrolliert
und aufgehalten wird.
Nach dem SRÜ sind die Küstenstaaten dazu verpflichtet, ihre Fischbestände zu erhalten; Art. 62 Abs. 4 SRÜ.
Diese beiden Regelungen (Gesamthöchstmengen mit Nutzungsverträgen mit anderen Staaten einerseits sowie die Bestandserhaltung
andererseits) sind die zwei Regelungsansätze des SRÜ.
Insgesamt wird das politische Ziel auszugeben, die Fischbestände
zu sichern und größtmöglich nachhaltig/dauerhaft zu
nutzen (Ideal: Fischbestände-Verbesserung).
Ein
Fischbestand ist nicht bloß eine Zahl/Anzahl von Fischen. Wichtig
für die Erhaltung sind zig weitere Kriterien, z.B. die
Populationsstruktur nach Alter und nach Geschlecht, die
Größe der nicht gefischten/überlebenden Tiere
(insbesondere Weibchen), eine geeignete Gewässerbodenstruktur, die
Einrichtung von Meeresschutzgebieten u.v.m.; im Ergebnis Art. 62 Abs.
3, Abs. 4 SRÜ. Im Blick zu behalten sind Fanggebiete
und ihre Bestände. Insgesamt geht es den Ökosystemschutz.
Aufgrund der Verträge bezüglich der EU ist die EU
rein tatsächlich zu einer Art Staat geworden. Die EU
übernimmt die Verpflichtungen der Küstenstaaten. Sie handelt
wie ein eigener Staat. Nach Art. 3 Absatz 1 lit. d AEUV hat die EU die
„ausschließliche Zuständigkeit in folgenden Bereichen:
Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen
Fischereipolitik." Also anstelle der Mitgliedstaaten der EU.
Zusätzlich
tritt die EU an die Stelle der Mitgliedstaaten auch bezüglich
Maßnahmen im alleinigen Innenbereichsrecht: Nach Art. 11 Absatz 1
„Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame
Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr.
1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der
Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des
Beschlusses 2004/585/EG des Rates“ (VO Gemeinsame
Fischereipolitik) haben die Mitgliedstaaten „das Recht,
Bestandserhaltungsmaßnahmen zu erlassen, die keine
Auswirkungen
auf Fischereifahrzeuge anderer Mitgliedstaaten haben und für die
Gewässer unter ihrer Hoheit oder Gerichtsbarkeit gelten und zur
Einhaltung ihrer Verpflichtungen nach Artikel 13 Absatz 4 der
Richtlinie 2008/56/EG, Artikel 4 der Richtlinie 2009/147/EG oder
Artikel 6 der Richtlinie 92/43/EWG erforderlich sind, …“
Die Fischerei entfalte solche Auswirkungen. Deshalb habe der nationale
Gesetzgeber kein (Kompetenz-)Recht zur Regelung der
Fischereibeschränkungen (EuGH, Urteil vom 13.06.2018 - C-683/16, NVwZ-RR 2018, S. 1195). Ergebnis:
Die EU verdrängt die Mitgliedstaaten in Bezug auf
Fischereibeschränkungen in Gänze. Es gibt keine aufgeteilte
Gesetzgebungskompetenz zwischen EU und Mitgliedstaaten betreffend Fischereitbeschränkungen, sondern allein das Recht der EU
auf Regelung
der Fischereibeschränkungen. Deshalb stehe den Mitgliedstaaten
nicht einmal das Recht zu, Fischereibeschränkungen in
Naturschutzgebieten selbst zu regeln. Sondern allein die EU habe ein
solches Recht. Mit anderen Worten: Das Schifffahrtsrecht
(Fischereirecht) geht dem Naturschutzrecht -- was die Kompetenzregeln
betrifft -- vor.
2. UN Straddling Fish Stocks Agreement
Das
Abkommen UN Straddling Fish Stocks Agreement (SFSA) betrifft die Hohe
See und alle Allgemeinen Wirtschaftszonen (AWZ). Betreffend die Nordsee
und die Ostsee sei das Abkommen kaum relevant.
3. Nachhaltigkeitszertifikate
Nachhaltigkeitszertifikate wie MSY und MSC sind private Marketing-Labels.
Die
Code of Conduct for Responsible Fisheries der
Welternährungsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen (UN) haben
Empfehlungscharakter.
4. Internationales Übereinkommen zur Regelung des Walfangs
Das
Internationale Übereinkommen vom 2. Dezember 1946 zur Regelung des
Walfangs (ICRW) begrenzt die Fangquoten auf Fänge zu
wissenschaftlichen Zwecken. Inzwischen reduzieren Japan und Norwegen
ihre Fangmengen von sich aus. Das Abkommen spiele beim Thema
Überfischung keine Rolle mehr, weil die Fangmengen ohnehin gering
seien.
E. Thema Aquakultur:
Aquakultur
i.S.d. EU-Rechts ist „die Aufzucht von Wasserorganismen mit
entsprechenden Techniken mit dem Ziel der Produktionssteigerung
über das unter natürlichen Bedingungen mögliche
Maß hinaus, wobei die Organismen während der genannten
Aufzucht oder Haltung, einschließlich Ernte bzw. Fang Eigentum
einer oder mehrerer natürlicher oder juristischer Personen
bleiben." (Art. 3 Abs. 1 lit. a RL 2006/88/EG).
Ein
Aquakulturbetrieb i.S.d. deutschen Rechts ist „jeder Betrieb,
der einer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Zucht, Haltung oder
Hälterung von Fischen nachgeht" (§ 2 Abs. 1 Nr. 2
FischSeuchV).
Arten von Aquakultur sind z.B.:
- Aufzucht von Organismen in Salzwasser (Marikultur oder im Meer), z.B. mit Netzgehegen oder Langleinen,
- Süßwasseranlagen in Teichen oder Binnengewässern,
- geschlossene Durchlaufanlagen an Land (Süßwasser oder Salzwasser/Marikultur), mit Pumpenbetrieb,
- an Gewässern jeweils intensiv (mit Nahrungszufuhr) oder extensiv (ohne Nahrungszufuhr durch den Menschen).
1. Internationales Recht Aquakultur
Zuerst gilt das SRÜ.
Darüber hinaus gibt es noch regionale internationale Abkommen:
- das Antarktis-Vertragssystem (AVS) mit dem Umweltschutzprotokoll des Antarktisvertrags (PEPAT),
- das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des
Nordost-Atlantiks = Oslo-Paris Konvention (OSPAR), betreffend die
Nordsee,
- das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets
(Neue Helsinki Konvention (HELSINKI) betreffend die Ostsee),
- das Abkommen Trilaterale Wattenmeer-Zusammenarbeit (TMAP) von Dänemark, Deutschland, Niederlande betreffend die Nordsee.
2. EU-Recht Aquakultur
Die
Europäische Union muss die von ihr ratifizierten Internationalen
Verträge umsetzen mittels eigenen Gesetzen (Verordnungen oder
Richtlinien); Art. 192 Abs. 1 AEUV.
Die
EU hat eine „Gemeinsame Fischereipolitik der EU" verabschiedet
auf der Grundlage der „Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013
über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der
Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie
zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004
des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates" (VO EU 1380/2013).
Nach dieser Verordnung müssen die EU-Kommission
„unverbindliche strategische Leitlinien der Union über
gemeinsame Prioritäten und Ziele für die Entwicklung einer
nachhaltigen Aquakultur" festlegen und die Mitgliedstaaten in Sachen
Aquakultur sodann „mehrjährige nationale
Strategiepläne" erstellen; Art. 34 Abs. 1 VO EU 1380/2013. Ziel
ist hierbei insbesondere die „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit
der Aquakulturwirtschaft und Unterstützung der Weiterentwicklung
und Innovation." Also nicht die Tiergesundheit.
Die Aquakulturbetriebe
bedürfen grundsätzlich der vorherigen betrieblichen Zulassung
(Art. 172 VO EU 2016/429), ausnahmsweise lediglich der vorherigen
betrieblichen Registrierung (Art. 176 ff. VO EU 2016/429).
Die Tierhaltung wird mit der
„Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den
Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere" (Nutztierhaltung-Richtlinie 98/58/EG)
geregelt. Sie ist mit dem deutschen Tierschutzgesetz (TierSchG)
umgesetzt worden. Vor allem § 2 TierSchG zur Haltung, § 11
TierSchG zur Betriebserlaubnis und § 16 TierSchG zur
behördlichen Kontrolltätigkeit sind von Bedeutung. Tier
i.S.d. Richtlinie 98/58/EG ist „jedes Tier (einschließlich
Fische, Reptilien und Amphibien), das zur Erzeugung von
Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten oder Fellen oder zu anderen
landwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten wird."
Wirbellose Tiere zählen nicht dazu. Auch nicht Fische in der
Haltung zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken.
Die Tiergesundheit
wird in der EU separat geregelt, und zwar mit der „Verordnung
(EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.
März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung
einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit"
(Tiergesundheitsrechts-Verordnung VO EU 2016/429) mit zahlreichen Durchführungsverordnungen etc.
Diese Verordnung hat die vorherige Richtlinie 2006/88/EG abgelöst. Die deutsche Fischseuchenverordnung (FischSeuchV 2008)
ist noch nicht aktualisiert worden; es fehlt noch die FischSeuchV 2024
oder 2025. Die FischSeuchV gilt weiterhin insoweit, als sie der neuen
EU-Verordnung nicht widerspricht (Gesetzesvorrang EU-Recht).
3. Deutsches Recht Aquakultur
Der
Bund könnte ein Aquakulturgesetz in Kraft setzen. Die
Gesetzgebungskompetenz hätte er hierfür: Wirtschaft (Art. 74
Abs. 1 Nr. 11 GG), ggf. Landwirtschaft i.w.S. (Art. 74 Abs. 1 Nr. 17
GG), ggf. Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG), Tierschutz (Art. 74
Abs. 1 Nr. 20 GG), Schifffahrt (Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG),
Abfallwirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG), Naturschutz (Art. 74 Abs.
1 Nr. 29 GG, Raumordnung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG),
Gewässerschutz (Art. 74 Abs. 32 GG). Die Länder dürfen
die Vorschriften des Bundes ergänzen (Art. 72 Abs. 1 GG)
und von diesen auch teils abweichen (Art. 72 Abs. 3 GG).
Dies
gilt unumstritten für die inneren Gewässer und die
Küstengewässer. Für die Allgemeine Wirtschaftszone gilt
dies aber auch -- trotz des Art. 32 GG
mit dem Recht des Bundes, die Beziehungen mit ausländischen Staaten zu pflegen).
Die
Betreiber von Aquakulturen üben einen Beruf auf. Die
Berufsfreiheit ist verfassungsrechtlich geschützt (Art. 12 GG).
Die Aquakulturen dienen der Nahrungsmittelproduktion. Sie können
sowohl einen Beitrag zur Bewahrung der natürlichen
Lebensgrundlagen leisten (Art. 20a GG zum Wohle der
Wildfischbestände = Schutz vor Überfischung der Weltmeere;
weniger Schadstoffe und Emissionen bei der Futterverwertung; relativ
kurze Transportwege möglich) als auch einen Beitrag zum Schaden
der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a zum Wohle der
Ressourcen z.B. Wasserqualität und Biodiversität = z.B.
Beifang zulasten der Biomasse, z.B. pflanzliche Fischmehlproduktion
zulasten der Umwelt). Kurzum: Das Ob der Aquakultur ist positiv i.S.d.
Art. 20a GG zu werten, das Wie der Produktion ggf. negativ i.S.d. Art.
20a GG.
4. Standort Aquakulturbetrieb
Vor Ort im Binnenland greift das Baurecht. Übergeordnet ist das Raumordnungsrecht.
In
der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) gilt die
„Verordnung über die Raumordnung in der deutschen
ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee und in der
Ostsee" (AWZROV). Für die Erstellung eines Raumordnungsplans in
diesen Gebieten der Nordsee oder Ostsee ist das Bundesministerium
für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen zuständig (§ 17 Abs. 1 ROG).
Für die Erstellung der Raumordnungspläne auf dem Lande
sind es die Länder bzw. Regierungsbezirke oder Landkreise (i.E. § 13 ROG).
Die Genehmigung der Aquakulturbetriebe in Nordsee oder Ostsee richtet sich nach dem Seeanlagengesetz (SeeAnlG). Die Genehmigung von Aquakulturbetrieben auf dem Lande richtet sich nach dem Baurecht (Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht). Aquakulturbetriebe werden typischerweise im (unbeplanten) Außenbereich i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
errichtet. Sie sind ein landwirtschaftlicher Betrieb, sofern auf dem
Festland errichtet. Die Tierhaltung und die berufsmäßige
Binnenfischerei zählen zur Landwirtschaft (§ 201 BauGB).
Aquakulturbetrieb mit künstlichem Wasservorrat sind
Tierhaltungsbetriebe. Aquabetriebe an natürlichem Gewässer
können als Bestandteil der Binnenfischerei gewertet werden.
5. Auswirkungen Aquakulturbetrieb
Der Aquakulturbetreib hat Auswirkungen auf die Wassermengen in den Flüssen etc. Er bedarf der Genehmigung (s. sogleich; Wasserhaushaltsrecht).
Der
Aquakulturbetrieb wirkt sich -- kraft -- Fiktion nicht oder selten auf
die Bodennutzung aus (§ 14 Abs. 1, Abs. 2 BNatSchG, § 5 Abs.
4 Satz 3 BNatSchG, § 17 BBodSchG. Im Übrigen jedoch
(Artenschutz, Biotopschutz u.a.) müssen die Auswirkungen
untersucht werden. Es bedarf dann einer naturschutzfachlichen
Genehmigung (z.B. § 67 BNatSchG; Naturschutzrecht).
Der
Betrieb hat im Falle der Nutzung der Flüsse und Bäche
Auswirkungen auf das Befahren der großen oder kleinen Flüsse
mit Schiffen (Wasserstraßenrecht).
Unter Umständen kommt auch das Immissionsschutzrecht zum Tragen.
6. Genehmigungen Aquakulturbetrieb
Es
bedarf grundsätzlich einer wasserhaushaltsrechtlichen Genehmigung
des Betriebs (§ 8 WHG). Die Auswirkungen (Emissionen) des Betriebs
auf die Wasserqualität dürfen sich nicht verschlechtern.
Besonders in Wasserschutzgebieten ist auf die Emissionen und auf
Tierseuchen (Fischseuchen) zu achten. Ein besonderes Thema ist
Höhe der entnehmbaren Wassermenge.
Es bedarf zusätzlich in aller Regel einer
wasserstraßenrechtlichen Genehmigung nach §§ 31 und 1
WaStrG), ggf. auch einer immissionsschutzrechtlichen nach BImSchG.
7. Tierschutzrecht Aquakulturbetrieb
Fische in diesen Betrieben gelten als (fischwirtschaftliche = landwirtschaftliche) Nutztiere.
Einzuhalten sind die Vorschriften in den Bereichen Tierschutzgesetz (§§ 2, 11 TierSchG),
Tierseuchenrecht (Fischseuchenverordnung), Tiertransport und
Tierschlachtung, Futtermittelrecht und Lebensmittelrecht.
Die
angemessene Tierhaltung nach § 2 TierSchG ergibt sich nicht aus
für Aquakulturen geltenden Vorschriften, sondern lediglich aus den
nicht gesetzlichen Regeln der „guten fachlichen Aquakulturpraxis"
sowie die Empfehlungen des Europarats für die Haltung von Fischen
in Aquakultur.
Wer
Tiere zur Erwerbszwecken hält (d.h. z.B. Fische in einer
Aquakultur), muss eigenverantwortlich dafür Sorge tragen, dass er
seine Tierhaltung dahingehend überprüft, ob/dass die
Anforderungen nach § 2 TierSchG erfüllt sind. § 11 Abs. 8 TierSchG lautet: „Wer Nutztiere zu Erwerbszwecken hält, hat durch betriebliche Eigenkontrollen
sicherzustellen, dass die Anforderungen des § 2 eingehalten
werden. Insbesondere hat er zum Zwecke seiner Beurteilung, dass die
Anforderungen des § 2 erfüllt sind, geeignete tierbezogene
Merkmale (Tierschutzindikatoren)
zu erheben und zu bewerten." Die einschlägigen
Tierschutzindikatoren und Tierhaltungsstandards werden von Vereinen und
Verbänden zusammengestellt und verabschiedet. Letztlich delegiert
der Gesetzgeber die inhaltliche Ausfüllung des § 2 TierSchG
an die Fischwirtschaft.
Darüber hinaus können im Einzelfall die Verbote nach § 3 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 10 TierSchG einschlägig sein.
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5 lit. a TierSchG
unterliegen Nutztierhaltungen und Tierschlachtungseinrichtungen und
Tiertransportbetriebe der tiergewerblichen Behördenaufsicht.
Verstöße gegen § 2 TierSchG können von der
Tierschutzbehörde nach § 16a Abs. 1 Nr. 1 TierSchG
unterbunden werden. Ordnungswidrigkeiten können nach § 18
TierSchG begangen werden, Straftaten nach § 17 TierSchG.
F. Thema Rohstoffgewinnung im Meer
Bedeutende
Rohstoffe sind Sand/Kies, Erdöl/Erdgas, Manganknollen, seltene
Metalle, Kobaltkrusten, Massivsulfide, Methanhydrate u.a.
1. Sand und Kies
Bei der Sand- und Kiesgewinnung aus dem Meer werden der Sand oder der
Kies vom Meeresboden aufgesaugt. Es entstehen am Boden Rinnen von
mehreren Zentimetern Tiefe. Beim Absaugvorgang wird Meeressand
aufgewirbelt, der im Meer herumtreibt anstatt umgehend wieder
abzusinken. Im Laufe der Zeit sammelt sich in den Rinnen vornehmlich
der feine Sand statt des groben Sandes an. Der Sandnebel über dem
Boden verändert die Lichtverhältnisse. Der feine Sand in den
Rinnen verändert die Zusammensetzung der Pflanzenarten und der
Tierarten im Boden; denn auf dem feinsandigen Boden leben bevorzugt
andere Arten als auf einem grobsandigen Boden.
Die Sand- und Kiesgewinnungen sind Projekte, welche durchaus
langfristige Auswirkungen auf das Ökosystem haben. Es handelt sich
deshalb um Eingriffe i.S.d. BNatSchG in den Meeresboden und bedarf
jeweils einer vorherigen Umweltverträglichkeitsprüfung. Die
Auswirkungen betreffen unter Umständen auch angrenzende
Natura-2000-Gebiete. Beispiele von Natura-2000-Gebieten im Meer sind
„Sandbänke mit ständiger schwacher Überspülung durch Meerwasser" (LRT 1110) und
„unterseeische Riffe" (LRT 1170).
Der Abbau von Sand oder Kies führt zur Beseitigung der für
alle dortigen Lebewesen maßgeblichen Lebensgrundlage. Auf diese
Weise wird die Förderung des Schutzzwecks des betroffenen
Natura-2000-Gebiets verhindert mit der Folge, dass das Projekt Sand-
oder Kiesabbau im Meer an den dortigen Stellen nicht genehmigt
werden kann/könnte. Für den Abbau (Bergbau) im Meer sind die
Bergbehörden zuständig.
Voneinander abzugrenzen sind der Sandabbau zum Zwecke der
Sandvorspülungen an den Inseln in der Nordsee sowie der Sandabbau
zum Zwecke der Rohstoffgewinnung für den Bau von Häusern etc.
auf dem Lande.
Eine bereits heute gangbare Alternative zum Abbau von Sand und Kies im
Meer sei die Verwendung von feinem Wüstensand. Der Wüstensand
werde nochmals verkleinert (gemahlen) und sodann zur Hälfte mit
den bisher üblichen Sandgrößen gemischt. diese Mischung
führe zu besseren Eigenschaften von Beton.
2. Erdöl und Erdgas
Das
in der Nordsee geförderte Erdöl wird weitgehend im Wattenmeer
gefördert -- von der Bohr- und Förderinsel Mittelplate.
Der
Rückbau/Abbau stillgelegter Ölplattformen hat langfristige
Auswirkungen auf die Meeresumwelt. Egal, ob die Fundamente im
Meeresboden verbleiben (dann Riffbildung) oder ob diese aus dem Boden
herausgeholt werden (dann unmittelbare Bodenzerstörungen).
Jedenfalls können die Auswirkungen sich auf die Schutzziele der
angrenzenden Meeresschutzgebiete auswirken -- was zu prüfen ist.
3. Manganknollen und seltene Metalle
Seltene
Metalle sind unter anderem Kupfer, Nickel, Zink, Kobalt, Lithium.
Manganknollen sind polymetallische Knollen. Manganknollen (und andere
Rohstoffe) werden in der Tiefsee (Hohe See) abgebaut. Der
Festlandsockel unter Wasser bis zu einer Tiefe/Reichweite von 350
Seemeilen gilt, was die Rohstoffgewinnung betrifft, nicht zur Hohen
See, sondern noch zur ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ).
Deshalb haben die Staaten ein Interesse daran, das Erstreckungsgebiet
ihrer AWZ möglichst weit auszuweiten. Denn die Erträge der
Rohstoffgewinnung stehen ihnen dann zu; Art. 77, Art. 81, insbesondere
Art. 82 SRÜ.
G. Thema Verschmutzung der Meere
Die
Meere werden verschmutzt durch den vor allem vom Land aus
hereingetragenen Plastikmüll (inklusive Mikroplastik und
Plastikmüll), durch den eingebrachten sonstigen Müll
etwa von Schiffen (Öle, Abfälle, gefährliche Stoffe
u.v.m., darunter Dünger und Insektizide aus der Landwirtschaft und
andere Chemikalien, radioaktive Stoffe, Munition und Kampfmittel,
Schwermetalle und Baggergut) sowie durch die Luft (Feinstaub) oder --
unter der Wasseroberfläche -- durch Schall (Unterwasserlärm
durch z.B. Echoortung mit Sonarsystemen oder durch Windenergieanlagen
mit dem Impulsschall). Meere sind im „Innenbereich" zu laut und
zu schmutzig.
Damit
insbesondere nicht der Müll inklusive Plastikmüll in die
Meere gelangt, bedarf es guter und flächendeckend vorhandener Abfallbeseitigungsanlagen auf dem Lande
(Abfallrecht). Nur das Abfallrecht bewirkt eine Verhinderung des
Problems an der Wurzel des Müllstroms in Richtung Meer.
Andernfalls treibt alles früher oder später über die
Flüsse gen Meer. Vom Lande aus kommen etwa 80 % des Mülls,
vom/auf dem Wasser über Schiffe und Luft etwa 20 % desselben.
Rechtliche
Vorschriften gegen die Verschmutzung der Meere auf dem Wasser und am
Wasser sind zuvörderst die Art. 207 bis Art. 212 SRÜ
und die „international rules and standards" (angesprochen in
z.B. Art. 211 Abs. 1 SRÜ), abgekürzt GAIRS. Das Plastik
wird indirekt in Art. 207 Abs. 1 SRÜ
angesprochen. Die Staaten sollen Vorschriften und Maßnahmen gegen
die „Verschmutzung der Meeresumwelt vom Land aus" erlassen
(Abfallrecht, Plastikeinträge in die Flüsse und ins Meer).
Zusätzlich gibt es das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL; auf Wikipedia). Im dortigen Annex/Anlage V (Link hierzu) sind Kunststoffe erwähnt, welche es als Verschmutzung der Meere zu vermeiden gilt.
Dann gibt es noch das „Baseler
Übereinkommen über die Kontrolle der
grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle
und ihrer Entsorgung" (BK = Baseler Konvention; auf Wikipedia; Link hierzu).
Dann noch bzgl. Nordsee und Ostsee das OSPAR und das HÜ (s.o.).
Die Europäische Union plant eine „Verordnung des
Europäischen Parlaments und des Rates über Verpackungen und
Verpackungsabfälle, zur Änderung der Verordnung (EU)
2019/1020 und der Richtlinie (EU) 2019/904 sowie zur Aufhebung der
Richtlinie 94/62/EG" (Europäische Verpackungsverordnung), so der Vorschlag (Text). Noch ist sie nicht in Kraft.
Was an Chemikalien usw. ins Meer gelangt, gelangt früher oder
später im Rahmen der Nahrungskette auf dem Speiseteller.
Gesundheitliche Schäden und auch Unfruchtbarkeit können
langfristige Folgen sein.
H. Thema Naturschutz und Klimaschutz im Meer
Windenergieanlagen auf dem Meer dienen dem Klimaschutz und
beeinträchtigen die maritime Natur. Sie stehen zwischen zwei nicht
selten konträren Interessen der Allgemeinheit. Für die
Genehmigung der Anlagen ist eine (vorherige)
Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich.
Links:
Europäisches Parlament -- Informationsseite Fischerei und Recht.
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit Fische-Portal.
Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Regionale Internationale Verträge.
Schleswig-Holstein -- Recht Fischerei (Seite Gesetze und Verordnungen des Landes).
Runder Tisch Meeresmüll (Link).
Literatur:
Czybulka, Detlef, „Der Schutz unserer Meere", 1. Aufl., München 2024.
Abulafia,
David, „Das unendliche Meer. Die große Weltgeschichte
der Ozeane", 1. Aufl., Frankfurt am Main 2021.
Wüstenberg, „Maßnahmen des Landwirts zur Vermeidung
des Ausbruchs von Tierseuchen – Neues EU-Recht", in: Recht der
Landwirtschaft (RdL) 2021, S. 125-131. [Das Tierseuchenrecht betrifft auch die Fischwirtschaft.]
Wüstenberg, „Neue Unternehmerpflichten nach der
Einwegplastik-Richtlinie", in: Zeitschrift für Europäisches Wirtschaftsrecht (EuZW) 2019, S. 633-638.
Offenbach am Main, 22.10.2024
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