|
Abwasserrecht |
|
|
Gesetze
Richtlinie
2000/60/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23.
Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für
Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik
(= Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL); aktuelle Fassung mit Stand ab 20.11.2014).
Art. 2 Nr. 38 WRRL definiert:
„Wasserdienstleistungen“ = „alle Dienstleistungen,
die für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder
wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art folgendes zur Verfügung
stellen: a) Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und
Verteilung von Oberflächen- oder Grundwasser; b) Anlagen für die Sammlung und Behandlung von Abwasser, die anschließend in Oberflächengewässer einleiten;"
(Deutsches) Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz (WHG); aktuelle Fassung).
Art. 54 Abs. 1 WHG
definiert das Abwasser. Es ist „1. das durch
häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen
Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte Wasser und das bei
Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser (Schmutzwasser)
sowie
2. das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder
befestigten Flächen gesammelt abfließende Wasser
(Niederschlagswasser).
Als Schmutzwasser gelten auch die aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und
Ablagern von Abfällen austretenden und gesammelten
Flüssigkeiten."
Weiterhin: Düngegesetz (DüngG; aktuelle Fassung) und Klärschlammverordnung (AbfKlärV; aktuelle Fassung), Verordnung
über den Klärschlamm-Entschädigungsfonds
(Klärschlamm-Entschädigungsfondsverordnung (KlärEV); aktuelle Fassung).
Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai
1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser =
Europäische Kommunale Abwasserrichtlinie (EU-KomAbwRL); aktuelle Fassung
mit Stand ab 01.01.2014). Diese Richtlinie wird im Jahre 2024 ersetzt
werden durch eine neue, welche bis zum Jahre 2026 in nationales Recht
umzusetzen sein wird.
Art. 1 Abs. 1 KomAbwRL: „Diese Richtlinie betrifft das Sammeln, Behandeln und Einleiten von kommunalem Abwasser und das Behandeln und Einleiten von Abwasser bestimmter Industriebranchen."
(Deutsches)
Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der
umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen
(Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG); aktuelle Fassung)
mit der (deutschen) Verordnung über Anforderungen an das Einleiten
von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung (AbwV); aktuelle Fassung). Ergo:
EU-WRRL mit dem deutschen WHG und den Wassergesetzen der 16 Länder sowie dem DüngG samt AbfKlärV,
EU-KomAbwRL mit dem deutschen KrWG samt AbwV und den Abwasserverordnungen der 16 Länder.
(Die Abkürzung KrWG ist nicht zu verwechseln mit dem
Kriegswaffenkontrollgesetz. Dessen Abkürzung KrWG wurde mit der
Verabschiedung des KrWG in KrWaffKontrG abgeändert.) Das KrWG ist nicht mehr auf Stoffe
anwendbar, sobald diese „in Gewässer oder Abwasseranlagen
eingeleitet oder eingebracht werden" (§ 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG). Die
Stoffe gelten dann als Teil des Wassers (Abwassers). Gleiches gilt
für Gase, welche sich im Wasser (Abwasser) befinden (§ 2 Abs.
2 Nr. 8 KrWG).
Zuständigkeit der Gemeinden
Hauptverantwortliche für die Beseitigung des Abwassers sind die Städte und Gemeinden (Kommunen); Art. 28 Abs. 2 GG
(kommunale Selbstverwaltung). Für die Umsetzung der EU-Richtlinien
sind innerhalb Deutschlands hier die Länder zuständig; im
Ergebnis Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG (Wasserhaushalt; konkurrierende
Gesetzgebungskompetenz des Bundes). Die Abwasserbeseitigung zählt
am Rande auch zum Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) und zum Staatsziel Umweltschutz (Art. 20a GG).
Der Staat ist per se verpflichtet nach Art. 1 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2
Abs. 2 Satz 1 GG (Gesundheitsschutz der Bürger durch den Staat).
Ab wann ist Wasser Abwasser?
Wasser
(mit oder ohne Stoffe oder Gase), welches entledigt werden soll und
dann auch tatsächlich abfließt, ist Abwasser. Einfaches
Beispiel: Ziehen der Toilettenspülung. Kompliziert/rechtsunsicher
wird es dagegen beim industriellen Wasser. Hier kommt es darauf an, ob
das Wasser sich noch im Produktionsgang befindet oder eben nicht mehr.
Insbesondere Wasser, welches betriebsintern in einem (noch)
geschlossenen Wasserkreislauf fließt, gilt noch nicht als
Abwasser. Genau genommen, gilt dies auch für das häusliche
Wasser. Wird das Wasser noch im Haushalt oder in der Industrie in
Grauch/Verwendung, ist es noch Wasser, nicht Abwasser. Das Wasser ist
dann noch nicht ab = weg = draußen = außerhalb, sondern es
wird weiterhin gebraucht/verwendet. Das WHG spricht vom abfließenden Wasser (§ 54 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 WHG).
Aber nicht nur abfließendes Wasser ist Abwasser, sondern auch
zufließende flüssige Stoffe sind dies (§ 55 Abs. 3
WHG). Und hineingeratende Stoffe sind dies auch (i.E. § 2 Abs. 2
Nr. 9 KrWG; s.o.). Stoffe im Abwasser unterfallen der Abwasser-Richtlinie, Stoffe, welche außerhalb des Abwassers schwimmen oder liegen (egal, ob vorher oder nachher), unterfallen der Abfall-Richtlinie.
Abwasserbeseitigung und Abwasserentsorgung
Die Abwasserbeseitigung umfasst nach § 54 Abs. 2 WHG das „Sammeln,
Fortleiten, Behandeln, Einleiten, Versickern, Verregnen und Verrieseln
von Abwasser sowie das Entwässern von Klärschlamm in
Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung. Zur Abwasserbeseitigung
gehört auch die Beseitigung des in Kleinkläranlagen
anfallenden Schlamms."
Die Abwasserentsorgung umfasst zusätzlich noch die Verfahren zur
Verwertung und zur Beseitigung des Abwassers (KrWG). Eine
Legaldefinition fehlt.
Ziele der Gesetzgebung
Art. 1 lit. b WRRL besagt: „Ziel dieser Richtlinie ist die
Schaffung eines Ordnungsrahmens für den Schutz der
Binnenoberflächengewässer, der Übergangsgewässer,
der Küstengewässer und des Grundwassers zwecks a) ... b)
Förderung einer nachhaltigen Wassernutzung auf der Grundlage eines
langfristigen Schutzes der vorhandenen Ressourcen; c) ..., d) ..."
Konkret geht es darum, so Art. 4 WRRL, a) eine Verschlechterung des
Zustands aller Oberflächenwasserkörper zu verhindern, b)
einen guten Zustand der Oberflächengewässer zu erreichen, c)
einen guten chemischen Zustand der Oberflächengewässer zu
erreichen, d) die Verschmutzung durch prioritäre Stoffe
schrittweise zu reduzieren und die Einleitungen, Emissionen und
Verluste prioritärer gefährlicher Stoffe zu beenden oder
schrittweise einzustellen. Zu den Maßnahmen zur
Umsetzung/Erreichung dieser Ziele gehörden die „in den
Bewirtschaftungsplänen für die Einzugsgebiete festgelegten
Maßnahmenprogramme" (Art. 38 WRRL, § 83 WHG), darunter die
Dienstleistungen nach Art. 2 Nr. 38 WRRL (s.o.) mit der
Abwasserbeseitigung. Denn ungereinigtes Abwasser verschmutzt die
Oberflächengewässer bzw. das Grundwasser in der jeweiligen
Wasserqualität.
Weitere Maßnahmen stehen in der EG-Abwasserrichtlinie (s.o.). So
müssen die Kommunen bis zum Jahre 2005 eine Kanalisation
eingerichtet haben (Art. 3 Abs. 1 KomAbwRL; Kanalisation =
Leitungssystem, in dem kommunales Abwasser gesammelt und transportiert
wird; Art. 2 Abs. 5 KomAbwRL). „Gereinigtes Abwasser soll nach Möglichkeit
wiederverwendet werden. Im Verlauf dieser Wiederverwendung sind
Belastungen der Umwelt auf ein Minimum zu begrenzen"; Art. 12 Abs. 1
KomAbwRL. „Klärschlamm aus der Abwasserbehandlung ist nach Möglichkeit
wiederzuverwenden. Im Verlauf dieser Wiederverwendung sind Belastungen
der Umwelt auf ein Minimum zu begrenzen"; Art. 14 Abs. 1 KomAbwRL.
Zweck des WHG „ist es, durch eine nachhaltige
Gewässerbewirtschaftung die Gewässer als Bestandteil des
Naturhaushalts, als Lebensgrundlage des Menschen, als Lebensraum
für Tiere und Pflanzen sowie als nutzbares Gut zu schützen." (§ 1 WHG).
Die Wasserbewirtschaftung umfasst auch die Abwasserbeseitigung (s.o.).
Diese muss funktionieren und nachhaltig sein. Die Bewirtschaftung der
Gewässer samt Abwasser soll dazu dienen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 WHG), ...
1. ihre
Funktions- und Leistungsfähigkeit als Bestandteil des
Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu
erhalten und zu verbessern, insbesondere durch Schutz vor nachteiligen
Veränderungen von Gewässereigenschaften,
2. Beeinträchtigungen
auch im Hinblick auf den Wasserhaushalt der direkt von den
Gewässern abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete
zu vermeiden und unvermeidbare, nicht nur geringfügige
Beeinträchtigungen so weit wie möglich auszugleichen,
3. sie zum Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch im Interesse Einzelner zu nutzen,
4.
bestehende oder künftige Nutzungsmöglichkeiten insbesondere
für die öffentliche Wasserversorgung zu erhalten oder zu
schaffen,
5. möglichen Folgen des Klimawandels vorzubeugen,
6. an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten
und insbesondere durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche
der Entstehung von nachteiligen Hochwasserfolgen vorzubeugen,
7. zum Schutz der Meeresumwelt beizutragen.
Das
heißt: Die Gesamtfolgen der Bewirtschaftung sind im Blick zu
behalten. „Schadstoffe dürfen nicht einfach in die
Flüsse gekippt werden. § 55 Abs. 1 Satz 1 WHG
wiederholt dies für die Abwasserbeseitigung: Abwasser ist so zu
beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt
wird."
Die §§ 1 und 6 WHG dienen der Auslegung der Rechtsbegriffe sowie den Behörden bei der Ermessensentscheidung.
Grundsätze der Abwasserbeseitigung
- keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit
- dezentrale Abwasserbeseitung auch zulässig
- dezentrale Niederschlagswasserbeseitigung ortsnah versickern lassen (§ 55 Abs. 2 WHG)
- Ergänzung: Landesrechtliche Vorschriften können weitere Grundsätze bestimmen.
- Abwasserbeseitigung durch wassersparende Verfahren (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WHG und § 50 Abs. 3 WHG)
Links
Europäische Wasserrahmenrichtlinie (auf Wikipedia)
Offenbach am Main, 31.08.2024
Copyright obiges Foto: pixabay.com/de
|
|
|
|