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Deutsches LkSG |
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Beispiele:
Widerspruch und Klage von Unternehmen
Rechte von Umweltschutzvereinigungen
Rechtsgutachten
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Gesetze
Das
deutsche Lieferkettensorgfaltsgesetz (LkSG) gilt seit dem 01.01.2023
und ist seit dem 01.01.2024 auf Unternehmen anwendbar, welche
mindestens 1000 Beschäftigte haben.
Es greift für alle Produkte und bezweckt, die verpflichteten
Unternehmen im Rahmen ihrer Lieferketten Menschenrechtsverletzungen und Umweltrechtsverletzungen zu
erkennen und durch zivilrechtliche Vereinbarungen mit den Lieferanten
zu verhindern. Die Unternehmen werden zu mehr als bloß
Öffentlichkeitsarbeit/Transparenz verpflichtet; die Unternehmen
müssen einen Menschenrechtsbeauftragten bestellen und ihre
Liefer-/Kaufverträge anpassen.
Das Lieferkettenrecht ist zum einen eine zivilrechtliche Rechtsmaterie.
Zum anderen besteht die behördliche/hoheitliche Aufsicht über
die Einhaltung der Sorgfaltspflichten (= öffentliches Recht).
Abgrenzung: Für Konfliktmineralien (Zinn,
Tantal, Wolfram, deren Erze und Gold) und für
Waldbeschädigungsprodukte (Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme,
Kautschuk, Soja und Holz) greifen stattdessen spezielle EU-Verordnungen (siehe dort).
Ansonsten: Allgemeine
Informationen des Bundesamts für Ausfuhrkontrolle (BAFA) zum
Lieferkettensorgfaltsgesetz (Informationen) und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BAMS) Informationen.
Um welche Rechtsverstöße geht es?
§ 2 Abs. 1 LkSG
nennt die geschützten bzw. zu schützenden Rechtspositionen:
„Geschützte Rechtspositionen im Sinne dieses Gesetzes sind
solche, die sich aus den in den Nummern 1 bis 11 der Anlage aufgelisteten Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte ergeben."
In der Anlage stehen die folgenden 14 Übereinkommen:
1. Übereinkommen
Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 28. Juni 1930
über Zwangs- oder Pflichtarbeit (BGBl. 1956 II S. 640, 641)
(ILO-Übereinkommen Nr. 29)
2. Protokoll
vom 11. Juni 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen
Arbeitsorganisation vom 28. Juni 1930 über Zwangs- oder
Pflichtarbeit (BGBl. 2019 II S. 437, 438)
3.
Übereinkommen Nr. 87 der Internationalen Arbeitsorganisation vom
9. Juli 1948 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des
Vereinigungsrechtes (BGBl. 1956 II S. 2072, 2071) geändert durch
das Übereinkommen vom 26. Juni 1961 (BGBl. 1963 II S. 1135, 1136)
(ILO-Übereinkommen Nr. 87)
4.
Übereinkommen Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation vom
1. Juli 1949 über die Anwendung der Grundsätze des
Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (BGBl.
1955 II S. 1122, 1123) geändert durch das Übereinkommen vom
26. Juni 1961 (BGBl. 1963 II S. 1135, 1136) (ILO-Übereinkommen Nr.
98)
5. Übereinkommen
Nr. 100 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 29. Juni 1951
über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher
Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (BGBl. 1956 II S. 23,
24) (ILO-Übereinkommen Nr. 100)
6. Übereinkommen
Nr. 105 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1957
über die Abschaffung der Zwangsarbeit (BGBl. 1959 II S. 441, 442)
(ILO-Übereinkommen Nr. 105)
7. Übereinkommen
Nr. 111 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1958
über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (BGBl.
1961 II S. 97, 98) (ILO-Übereinkommen Nr. 111)
8. Übereinkommen
Nr. 138 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 26. Juni 1973
über das Mindestalter für die Zulassung zur
Beschäftigung (BGBl. 1976 II S. 201, 202) (ILO-Übereinkommen
Nr. 138)
9. Übereinkommen
Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 17. Juni 1999
über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur
Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (BGBl. 2001 II S.
1290, 1291) (ILO-Übereinkommen Nr. 182)
10. Internationaler
Pakt vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische
Rechte, (BGBl. 1973 II S. 1533, 1534)
11. Internationaler
Pakt vom 19. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und
kulturelle Rechte (BGBl. 1973 II S. 1569, 1570)
12. Übereinkommen
von Minamata vom 10. Oktober 2013 über Quecksilber (BGBl. 2017 II
S. 610, 611) (Minamata-Übereinkommen)
13. Stockholmer
Übereinkommen vom 23. Mai 2001 über persistente organische
Schadstoffe (BGBl. 2002 II S. 803, 804) (POPs-Übereinkommen),
zuletzt geändert durch den Beschluss vom 6. Mai 2005 (BGBl. 2009
II S. 1060, 1061)
14. Basler
Übereinkommen über die Kontrolle der
grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle
und ihrer Entsorgung vom 22. März 1989 (BGBl. 1994 II S. 2703,
2704) (Basler Übereinkommen), zuletzt geändert durch die
Dritte Verordnung zur Änderung von Anlagen zum Basler
Übereinkommen vom 22. März 1989 vom 6. Mai 2014 (BGBl. II S.
306/307)
In Bezug auf die Schutzgüter spielen die drei letztgenannten Übereinkommen keine Rolle.
Die
Gebote und Verbote dieser 11 (bzw. 14) Übereinkommen binden nur
die Vertragsstaaten, nicht auch Private wie die Unternehmen mit
mindestens 1000 Beschäftigten.
Deshalb werden, um die Unternehmen über anderen Vorschriften des LkSG zu binden, in § 2 Abs. 2
LkSG die für das LkSG bedeutsamen/relevanten Verbote betreffend
die Menschenrechtlage einzeln aufgelistet. Und die Verbote betreffend
die Umweltrechtsverletzungen stehen in § 2 Abs. 3 LkSG.
In § 2 Abs. 2 Nr. 9 bis Nr. 11 LkSG = Menschenrechtsverbote stehen:
9.
das Verbot der Herbeiführung einer schädlichen
Bodenveränderung, Gewässerverunreinigung, Luftverunreinigung,
schädlichen Lärmemission oder eines
übermäßigen Wasserverbrauchs, die
a) die natürlichen Grundlagen zum Erhalt und der Produktion von Nahrung erheblich beeinträchtigt,
b) einer Person den Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser verwehrt,
c) einer Person den Zugang zu Sanitäranlagen erschwert oder zerstört oder
d) die Gesundheit einer Person schädigt;
10.
das Verbot der widerrechtlichen Zwangsräumung und das Verbot des
widerrechtlichen Entzugs von Land, von Wäldern und Gewässern
bei dem Erwerb, der Bebauung oder anderweitigen Nutzung von Land,
Wäldern und Gewässern, deren Nutzung die Lebensgrundlage
einer Person sichert;
11.
das Verbot der Beauftragung oder Nutzung privater oder
öffentlicher Sicherheitskräfte zum Schutz des
unternehmerischen Projekts, wenn aufgrund mangelnder Unterweisung oder
Kontrolle seitens des Unternehmens bei dem Einsatz der
Sicherheitskräfte
a) das Verbot von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung missachtet wird,
b) Leib oder Leben verletzt werden oder
c) die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit beeinträchtigt werden.
In § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 8 LkSG = Umweltrechtsverbote stehen:
1. das Verbot der Herstellung von mit Quecksilber versetzten
Produkten gemäß Artikel 4 Absatz 1 und Anlage A Teil I des
Übereinkommens von Minamata vom 10. Oktober 2013 über
Quecksilber (BGBl. 2017 II S. 610, 611) (Minamata-Übereinkommen);
2.
das Verbot der Verwendung von Quecksilber und Quecksilberverbindungen
bei Herstellungsprozessen im Sinne des Artikels 5 Absatz 2 und Anlage B
Teil I des Minamata-Übereinkommens ab dem für die jeweiligen
Produkte und Prozesse im Übereinkommen festgelegten Ausstiegsdatum;
3.
das Verbot der Behandlung von Quecksilberabfällen entgegen den
Bestimmungen des Artikels 11 Absatz 3 des Minamata-Übereinkommens;
4.
das Verbot der Produktion und Verwendung von Chemikalien nach Artikel 3
Absatz 1 Buchstabe a und Anlage A des Stockholmer Übereinkommens
vom 23. Mai 2001 über persistente organische Schadstoffe (BGBl.
2002 II S. 803, 804) (POPs-Übereinkommen), zuletzt geändert
durch den Beschluss vom 6. Mai 2005 (BGBl. 2009 II S. 1060, 1061), in
der Fassung der Verordnung (EU) 2019/1021 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über persistente
organische Schadstoffe (ABl. L 169 vom 26.5.2019, S. 45), die zuletzt
durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/277 der Kommission vom 16.
Dezember 2020 (ABl. L 62 vom 23.2.2021, S. 1) geändert worden ist;
5.
das Verbot der nicht umweltgerechten Handhabung, Sammlung, Lagerung und
Entsorgung von Abfällen nach den Regelungen, die in der
anwendbaren Rechtsordnung nach den Maßgaben des Artikels 6 Absatz
1 Buchstabe d Ziffer i und ii des POPs-Übereinkommens gelten;
6.
das Verbot der Ausfuhr gefährlicher Abfälle im Sinne des
Artikel 1 Absatz 1 und anderer Abfälle im Sinne des Artikel 1
Absatz 2 des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der
grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle
und ihrer Entsorgung vom 22. März 1989 (BGBl. 1994 II S. 2703,
2704) (Basler Übereinkommen), zuletzt geändert durch die
Dritte Verordnung zur Änderung von Anlagen zum Basler
Übereinkommen vom 22. März 1989 vom 6. Mai 2014 (BGBl. II S.
306, 307), und im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über
die Verbringung von Abfällen (ABl. L 190 vom 12.7.2006, S. 1)
(Verordnung (EG) Nr. 1013/2006), die zuletzt durch die Delegierte
Verordnung (EU) 2020/2174 der Kommission vom 19. Oktober 2020 (ABl. L
433 vom 22.12.2020, S. 11) geändert worden ist
a) in eine Vertragspartei, die die Einfuhr solcher
gefährlichen und anderer Abfälle verboten hat (Artikel 4
Absatz 1 Buchstabe b des Basler Übereinkommens),
b) in einen Einfuhrstaat im Sinne des Artikel 2 Nummer 11 des
Basler Übereinkommens, der nicht seine schriftliche Einwilligung
zu der bestimmten Einfuhr gegeben hat, wenn dieser Einfuhrstaat die
Einfuhr dieser gefährlichen Abfälle nicht verboten hat
(Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c des Basler Übereinkommens),
c) in eine Nichtvertragspartei des Basler Übereinkommens (Artikel 4 Absatz 5 des Basler Übereinkommens),
d) in einen Einfuhrstaat, wenn solche gefährlichen
Abfälle oder andere Abfälle in diesem Staat oder anderswo
nicht umweltgerecht behandelt werden (Artikel 4 Absatz 8 Satz 1 des
Basler Übereinkommens);
7.
das Verbot der Ausfuhr gefährlicher Abfälle von in Anlage VII
des Basler Übereinkommens aufgeführten Staaten in Staaten,
die nicht in Anlage VII aufgeführt sind (Artikel 4A des Basler
Übereinkommens, Artikel 36 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006) sowie
8.
das Verbot der Einfuhr gefährlicher Abfälle und anderer
Abfälle aus einer Nichtvertragspartei des Basler
Übereinkommens (Artikel 4 Absatz 5 des Basler Übereinkommens).
Zu
den Menschenrechtsverstößen zählen also auch
Verstöße gegen umweltbezogene Übereinkommen; es geht
hier um die natürlichen Lebens-/Existenzgrundlagen der Menschen.
Kurzum: Umweltrechtsverstöße können
Menschenrechtsverstöße oder Umweltrechtverstöße
sein -- im Sinne dieses Gesetzes LkSG.
Alle
insgesamt 12 in § 2 Abs. 2 und alle insgesamt 8 in § 2 Abs. 3
LkSG aufgelisteten Nummern führen Rechtsverstöße auf,
welche durch das LkSG (= kraft Gesetzes) eine Wirkung zulasten der
verpflichteten Unternehmen entfalten. Erst durch das nationale Gesetz
wirken die internationalen Vorschriften unmittelbar (= gesetzlicher
Fall von sog. Drittwirkung).
Wer fällt unter den Anwendungsbereich des LkSG? Für welche Unternehmen gilt das LkSG?
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 LkSG ist das LkSG anzuwenden
zum einen auf (inländische) Unternehmen, die 1. ihre Hauptverwaltung, ihre
Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im
Inland (Deutschland) haben und 2. in der Regel
mindestens 1.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen; ins Ausland entsandte
Arbeitnehmer sind erfasst.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 LkSG ist das LkSG anzuwenden
zum anderen auf (ausländische) Unternehmen, anzuwenden, die 1. eine
Zweigniederlassung gemäß § 13d des HGB im Inland (Deutschland) haben und 2. in der Regel
mindestens 1.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen.
Zu den Arbeitnehmern zählen alle fest angestellten
Menschen einschließlich Teilzeitkräften und leitenden Angestellten. Freie
Mitarbeiter gehören nicht dazu. Nach § 1 Abs. 2 LkSG sind Leiharbeitnehmer bei
der Berechnung der Arbeitnehmerzahl des Entleihunternehmens dann zu
berücksichtigen, wenn die Einsatzdauer des jeweiligen Leiharbeitnehmers sechs
Monate übersteigt.
Das LkSG
setzt „in der Regel
mindestens 1.000 Arbeitnehmer“ voraus. Die letzten zwei, drei oder vier
Geschäftsjahre sind würdigen. Zusätzlich muss geprüft werden, ob es bereits
Beschlüsse des Unternehmens gibt, die eigene Belegschaft zu verkleinern. Denn
das LkSG gilt sozusagen immer nur für das laufende Geschäftsjahr. Es bedarf
hierfür des Blicks in die Vergangenheit und den Blick in die beschlossene
Zukunft.
Zu
den Unternehmen zählen auch staatliche Unternehmen. Die Rechtsform
ist unerheblich; § 1 Abs. 1 S. 1, S. 2 LkSG. Nach § 1 Abs. 3
LkSG sind innerhalb von verbundenen
Unternehmen
(§ 15 AktG) die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer
sämtlicher
konzernangehöriger Gesellschaften bei der Berechnung der
Arbeitnehmerzahl der
Obergesellschaft zu berücksichtigen. In das Ausland entsandte
Arbeitnehmer sind
inbegriffen. Das bedeutet, dass jedenfalls die Obergesellschaft, bei
Überschreiten der Grenze von 1.000 Arbeitnehmern auch die
Untergesellschaft in den Anwendungsbereich des LkSG
fallen, sofern alle zusammen mindestens 1.000 Arbeitnehmer haben.
Der Unterschied zwischen einer Zweigniederlassung und einem
Tochterunternehmen/Untergesellschaft liegt darin, dass die
Zweigniederlassung eine rechtlich unselbständige
Unternehmenseinheit darstellt, eine Tochtergesellschaft hingegen eine
eigenständige Rechtsperson ist.
Was ist zivilrechtlich das Besondere?
Die
nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen sollen für
Rechtsverstöße Dritter (Lieferanten) haften. Im BGB gibt es
drei Vorschriften, nach denen Unternehmen/Vereine für das
Verhalten von Dritten Verantwortung tragen: § 31 BGB (Vereine
für seine Organe), § 831 BGB (sog. Geschäftsherr
für den Verrichtungsgehilfen), § 278 BGB (sog. Schuldner
für seinen Erfüllungsgehilfen). Ein Verein haftet für
seine Organe immer. Der Geschäftsherr haftet für seinen
Verrichtungsgehilfen nur dann, wenn er bei der Auswahl und bei der
Überwachung seines Verrichtungsgehilfen ein Verschulden begangen
hat. Strittig ist, ob Unternehmen überhaupt Geschäftsherren
nach § 831 BGB sein können. Jedenfalls besteht hinsichtlich
der Zulieferer typischerweise keine Haftung nach § 831 BGB. Und
ein Schuldner haftet für seinen Erfüllungsgehilfen auch
immer. Das LkSG führt also eine neue Haftungsvorschrift ein. Es ergänzt das BGB.
Was gehört zur Lieferkette?
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 LkSG sind Unternehmen „dazu
verpflichtet, in ihren Lieferketten die [im LkSG] festgelegten
menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener
Weise zu beachten mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken
vorzubeugen oder sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechtsbezogener
oder umweltbezogener Pflichten zu beenden.“
§ 2 Abs. 5 LkSG definiert die Lieferkette: „Die Lieferkette im
Sinne dieses Gesetzes bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines
Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung
der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind,
angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zu der Lieferung an den
Endkunden und erfasst 1. das Handeln
eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich, 2. das Handeln eines
unmittelbaren Zulieferers und 3. das Handeln eines mittelbaren Zulieferers.“
Also die Gewinnung und die Lieferung der Rohstoffe, die Verarbeitung
der Rohstoffe bis zur fertigen Ware, der Vertrieb der Ware bis zum
Verbraucher, inklusive dem Versandhandel/Onlineshop-Angebote.
Diese Definition weicht von der Absatzkette nach dem BGB ab. Das
Kaufrecht nach BGB bezieht sich auf die Absatzkette/Lieferkette
derselben Ware. Das Lieferkettenrecht nach LkSG betrifft auch die
Zulieferer/Lieferanten der Roh-, Vor- und Zwischenprodukte. Das LkSG
erweitert diesbezüglich nicht das Kaufrecht nach BGB. Wohl aber
erweitert es die Lieferkette, soweit sie im LkSG definiert ist. Das BGB
spielt somit keine Rolle.
Das LkSG unterscheidet zwischen den unmittelbaren Zulieferern und den
mittelbaren Zulieferern. § 2 Abs. 7 LkSG definiert: „Unmittelbarer
Zulieferer im Sinne dieses Gesetzes ist ein Partner eines Vertrages
über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von
Dienstleistungen, dessen Zulieferungen für die Herstellung des
Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der
betreffenden Dienstleistung notwendig sind." § 2 Abs. 8 LkSG
definiert: „Mittelbarer
Zulieferer im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Unternehmen, das kein
unmittelbarer Zulieferer ist und dessen Zulieferungen für die
Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und
Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig sind."
Aus
unternehmerischer Sicht eine der Hauptschwierigkeiten ist die
Einbeziehung bzw. Überprüfung des mittelbaren Zulieferers. Im
Ergebnis wird das Verhalten auch des mittelbaren Zulieferers
dem nach dem LkSG verpflichteten Unternehmen zugerechnet.
Das nach LkSG verpflichtete Unternehmen muss prüfen,
ob es einen festgestellten Verstoß gegen Menschenrechte oder
Umweltrechte abstellen kann -- selbst oder durch Einflussnahme auf
den/die Zulieferer.
Welche Unternehmen = welcher Geschäftsbereich?
§ 2 Abs. 6 LkSG definiert: „Der eigene Geschäftsbereich im Sinne
dieses Gesetzes erfasst jede Tätigkeit des Unternehmens zur Erreichung des
Unternehmensziels. Erfasst ist damit jede Tätigkeit zur Herstellung und
Verwertung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen, unabhängig
davon, ob sie an einem Standort im In- oder Ausland vorgenommen wird. In
verbundenen Unternehmen zählt zum eigenen Geschäftsbereich der Obergesellschaft
eine konzernangehörige Gesellschaft, wenn die Obergesellschaft auf die
konzernangehörige Gesellschaft einen bestimmenden Einfluss ausübt.“ Also alle Tätigkeiten
vom Erwerb der Unternehmensgrundstücke über die Produktion
der Ware (bzw. Dienstleistung), die Lagerung der Ware, die Werbung des
Unternehmens, die Lieferung seitens des Unternehmens bis hin zur
Abgabe/Übergabe der Ware (bzw. Dienstleistung). Im Inland und
Ausland, d.h. weltweit.
a) Fallen beide
Gesellschaften unter das LkSG (1.000 Arbeitnehmer), müssen beide in
ihrem eigenen Geschäftsbereich ihre Sorgfaltspflichten erfüllen.
Zu
einer Obergesellschaft zählt das Verhalten einer
Tochtergesellschaft, soweit die Obergesellschaft auf die
Tochtergesellschaft einen bestimmenden Einfluss
auf das Lieferkettenmanagement ausüben kann. Es spielt dann keine
Rolle, ob die Tochtergesellschaft eine Gesellschaft mit Sitz im Inland
oder mit Sitz in Deutschland ist. Der eigene Geschäftsbereich der
Obergesellschaft umfasst im Rahmen des LkSG auch den eigenen
Geschäftsbereich der Tochtergesellschaft. Beide Gesellschaften
können sich LkSG-Aufgaben gemeinsam teilen (vertragliche
Vereinbarungen zwischen zwei Gesellschaften). Zulässig ist es,
dass beide Gesellschaften Überwachungs- und
Dokumentationspflichten nur auf der Ebene der Obergesellschaften
erfüllen (lassen) und dass die Tochtergesellschaft in ihren
eigenen Berichten diesbezüglich auf die Ergebnisse seitens der
Obergesellschaft verweist. Zusätzlich muss die Obergesellschaft
die Geschäftstätigkeit der Tochtergesellschaft im Blick haben
und behalten. Denn die Sorgfaltspflicht der Obergesellschaft ist eine
umfassende.
Bei fehlendem bestimmende Einfluss
der Obergesellschaft auf die Tochtergesellschaft müssen beide
Gesellschaften ihre Sorgfaltspflichten separat erfüllen. Das
Teil-Delegieren der LkSG-Geschäftstätigkeit ist nicht
möglich. Denn die Tochtergesellschaft ist zu unabhängig.
b) Fällt nur die Obergesellschaft unter das LkSG (1.000
Arbeitnehmer), muss nur die Obergesellschaft ihre
Sorgfaltspflichten erfüllen. Die Tochtergesellschaft bleibt
außen vor. Besteht der bestimmende Einfluss nicht, bleibt es
hierbei. Besteht der bestimmende Einfluss, unterfällt der
Geschäftsbereich der Tochtergesellschaft der Sorgfaltspflicht der
Obergesellschaft.
c) Fällt nur die Tochtergesellschaft unter das LkSG (1.000
Arbeitnehmer), hat nur die Tochtergesellschaft einen eigenen
Geschäftsbereich. Die Obergesellschaft bleibt außen vor und
hat nichts zu tun.
Die Frage, ob ein bestimmender Einfluss der Obergesellschaft auf das Lieferkettenmanagement besteht, ist nach dem jeweiligen Recht der
Obergesellschaft und dem jeweiligen Recht der Tochtergesellschaft zu beantworten. Es
handelt sich vornehmlich um eine gesellschaftsrechtliche Frage.
Allerdings sind auch die wirtschaftlichen, personellen und sonstigen
Umstände/Verflechtungen des Einzelfalls zu würdigen.
§ 2 Abs. 7 LkSG definiert: „Unmittelbarer Zulieferer im Sinne
dieses Gesetzes ist ein Partner eines Vertrages über die Lieferung von Waren
oder die Erbringung von Dienstleistungen, dessen Zulieferungen für die
Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und
Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig sind.“
Ausgangspunkt ist hier der eigene Geschäftsbereich. Der „Partner
des Vertrages über die Lieferung von Waren" usw. ist gleichsam der
Partner bezogen auf den Geschäftsbereich. Wird also der
Geschäftsbereich einer Tochtergesellschaft dem
Geschäftsbereich der Obergesellschaft zugerechnet, so sind die
Vertragspartner auch der Tochtergesellschaft Vertragspartner der
Obergesellschaft. Es werden also dann auch die
Vertragspartner/Lieferanten zugerechnet.
§ 2 Abs. 8 LkSG definiert: „Mittelbarer Zulieferer im
Sinne dieses Gesetzes ist jedes Unternehmen, das kein unmittelbarer Zulieferer
ist und dessen Zulieferungen für die Herstellung des Produktes des Unternehmens
oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung
notwendig sind.“ Ein Vertrag mit der Ober- bzw. Tochtergesellschaft ist hier nicht geschlossen.
Bis wohin verläuft die Lieferkette?
Kurz: unendlich weit. § 2 Abs. 5 LkSG definiert: „Die Lieferkette im
Sinne dieses Gesetzes bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines
Unternehmens. Sie umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung
der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind, ..." Momentan sieht es so aus, dass das Wort „erforderlich"
eine inhaltslose Formulierung darstellt. Die Behörden haben
bisher, soweit ersichtlich, noch keine Grenzziehung zugunsten der
Unternehmen vorgenommen. Dies bedeutet für die Praxis, dass ein
Unternehmen gut beraten ist, wenn es die eigenen Lieferketten umfassend
betrachtet, also alle irgendwie unternehmerischen Entscheidungen und
Tätigkeiten einbezieht. Ein Beispiel:
Auch die Büroklammern, welche im Sekretariat verwendet werden,
müssen einbezogen werden. Werden die Büroklammern durch
Kinderarbeit hergestellt, sollten die Alarmglocken leuten!
Um welche Rechtsverstöße = Sorgfaltspflichten geht es?
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 LkSG sind Unternehmen „dazu
verpflichtet, in ihren Lieferketten die [im LkSG] festgelegten
menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener
Weise zu beachten mit dem Ziel, menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risiken
vorzubeugen oder sie zu minimieren oder die Verletzung menschenrechtsbezogener
oder umweltbezogener Pflichten zu beenden.“
Nach § 4 Abs. 1 LkSG müssen Unternehmen
„ein angemessenes und wirksames Risikomanagement
zur Einhaltung der
Sorgfaltspflichten (§ 3 Absatz 1) einrichten. Das Risikomanagement
ist in alle
maßgebliche Geschäftsabläufe durch angemessene
Maßnahmen zu verankern.“ Es geht also darum, Risiken und
erst recht Rechtsverletzungen aufzuspüren und zu beenden.
Diese Pflicht zur Einrichtung und zur Umsetzung eines Risikomanagements (§ 4 LkSG) steht auf der chronologisch ersten Stufe des Sorgfaltspflichtenumfangs nach § 3 LkSG. Das Unternehmen muss das Risikomanagement einrichten und -- eine Risikoanalyse vornehmend nach § 5 LkSG -- erfolgreich umsetzen (Erfolgspflicht).
Das Unternehmen -- chronologisch die zweite Stufe -- auf Risiken reagieren. Es muss dann zum einen Präventionsmaßnahmen einleiten. § 6 Abs. 1 LkSG:
„Stellt ein Unternehmen im Rahmen einer Risikoanalyse nach §
5 ein Risiko fest, hat es unverzüglich angemessene
Präventionsmaßnahmen nach den Absätzen 2 bis 4 zu
ergreifen." Zum anderen muss es den Risiken abhelfen. § 7 Abs. 1
Satz 1 LkSG: „Stellt das Unternehmen fest, dass die Verletzung
einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht in
seinem eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren
Zulieferer bereits eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht, hat es
unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen
zu ergreifen, um diese Verletzung zu verhindern, zu beenden oder das
Ausmaß der Verletzung zu minimieren." Das Gesetz geht auf dieser
Stufe davon aus, dass das verpflichtete Unternehmen die
Rechtsverstöße abstellen kann. Es muss die
Verstöße dann abstellen (Erfolgspflicht).
§ 7 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LkSG schreiben -- dritte Stufe
-- vor: „Ist die Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder
einer umweltbezogenen Pflicht bei einem unmittelbaren Zulieferer so
beschaffen, dass das Unternehmen sie nicht in absehbarer Zeit beenden
kann, muss es unverzüglich ein Konzept
zur Beendigung oder Minimierung erstellen und umsetzen. Das Konzept
muss einen konkreten Zeitplan enthalten." Es gibt eben auch
Situationen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ein Unternehmen die
Rechtsverstöße von Zuliferern nicht abstellen kann. Das Unternehmen muss sich dann bestmöglich bemühen (Bemühenspflicht).
Der
Abbruch der Geschäftsbeziehung ist nur in den Fällen des
§ 7 Abs. 3 LkSG geboten. Grundsätzlich also nicht.
All die Maßnahmen (hierzu weiterhin s.u.) sind zu dokumentieren; § 10 LkSG.
Die Situationen im Ausland vor Ort sind mindestens einmal jährlich
zu überprüfen; § 7 Abs. 4 LkSG. Im Ergebnis geht es um
die Beurteilung von Risiken. Je schwerer die (tatsächlichen oder
möglichen) Rechtsverstöße sind, desto zielstrebiger und
umfassender müssen die Sorgfaltsmaßnahmen nach §§
3 bis 7 und 10 LkSG sein. Die Unternehmen müssen nach § 3
Abs. 1 LkSG „in angemessener Weise"
handeln. Darüber, was in einem konkreten Einzelfall angemessen
ist, darf gestritten werden. Hierzu dürfte es künftig eine
rege Rechtsprechung geben. Je größer der mögliche
Einfluss des Käufers aus Deutschland auf den Unternehmensbereich
des Verkäufers im Ausland, desto mehr muss der Käufer in
Deutschland versuchen, seine Einflussmöglichkeiten zu nutzen. Es
geht um Fragen nach der Marktmacht des Unternehmens i.S.d. LkSG. Ein
Beispiel: Große Supermarktketten haben einen großen
Einfluss, kleine Tante-Emma-Läden nahezu gar keinen.
Tatsächlich oder rechtliche unmögliche
Einflussmaßnahmen müssen nicht erbracht werden. Auch hier
dürfte sich bald eine umfangreiche Rechtsprechung entwickeln.
Die Art und Weise der Einflussmöglichkeiten/-maßnahmen auf
die unmittelbaren (und die mittelbaren) Zulieferer geschieht durch
vertragliche Abreden (Wirtschaftsverträge mit AGB und
Lieferantenkodex). Das LkSG verpflichtet die Unternehmen, welche
mindestens 1000 Beschäftigte haben, dazu, solche Vereinbarungen zu
treffen. Auf diese Weise soll das deutsche Bewusstsein (Wesen) zum
internationalen Standard werden (genesen). Man kann auch sagen: Die
Außenpolitik im Wege der Diplomatie ist gescheitert. Nun sollen
die Unternehmen es richten.
Beurteilung der Rechtsverstöße nach ausländischem Recht
Siehe oben die Definitionen in § 2 Abs. 2 und § 2 Abs. 3 LkSG:
Menschenrechtliche Verbote sind diejenigen, die in § 2 Absatz 2 LkSG aufgelistet
sind. Es geht um Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Sklavenarbeit,
Arbeitsschutz, das Recht auf Koalitionsfreiheit/Gewerkschaften, die
Ungleichbehandlung/Diskriminierung wegen bestimmter persönlicher
Merkmale und den Lohn/Mindestlohn, aber auch um das Herbeiführen
eines
übermäßigen Wasserverbrauchs oder
Nahrungsmittelverbrauchs. Denn auch diese treffen die von der Arbeit
abhängigen Menschen. Insoweit geht es um die Abwehr
menschenrechtlicher Auswirkungen/Beeinträchtigungen von/durch
Umweltbeeinträchtigungen. Entscheidend ist die Beurteilung des
Schutzniveaus vor Ort im Staat, in welchem die Lieferkette stattfindet.
Weiterhin geht es die widerrechtliche Zwangsräumung von Menschen
(Umsiedlungen) und um den widerrechtlichen Entzug von Land oder Wäldern oder Gewässern
(wenn große Unternehmen Grundstücke kaufen wollen). Ob die
Umsiedelung oder der Landentzug usw. widerrechtlich ist, muss nach dem
internationalen Recht in Verbindung mit dem vor Ort gültigen Recht
geprüft werden. Neben der Rechtslage ist auch die Realität zu
würdigen. In einigen Staaten ist das Papier, auf welchem die
Gesetzestexte stehen, das Papier nicht wert. Darüber hinaus geht
es das Verbot der Beauftragung privater oder öffentlicher
Sicherheitskräfte zum Schutz einer unternehmerischen
Tätigkeit -- neben dem üblichen staatlichen Recht.
Schließlich bietet § 2 Abs. 2 Nr. 12 LkSG einen Auffangtatbestand:
„das Verbot eines über die Nummern 1 bis 11 hinausgehenden
Tuns oder pflichtwidrigen Unterlassens, das unmittelbar geeignet ist,
in besonders schwerwiegender Weise eine geschützte Rechtsposition
zu beeinträchtigen und dessen Rechtswidrigkeit bei
verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden
Umstände offensichtlich ist."
Die
Vorschriften des LkSG verweisen auf internationale Übereinkommen.
Die Tatsache, ob ein Staat, in welchem die Lieferkette stattfindet, das
Übereinkommen unterzeichnet hat oder nicht, ist für die
Anwendung des LkSG ohne Bedeutung. Das LkSG verweist bloß auf die
Tatbestände/Vorschriften des Übereinkommens, also sozusagen
auf andere Gesetzestexte als Texte. Nicht auf den Vertragsschluss.
Umweltrechtliche Verbote sind diejenigen, die in § 2 Absatz 3 LkSG
aufgelistet sind. Es geht um das Verbot der Herstellung und der Verwendung von Quecksilber und
bestimmter Chemikalien (POP-Chemikalien u.a.) bzw. der Herstellung,
Verwendung und Entsorgung von Produkten, welche Quecksilber enthalten,
das Verbot der Behandlung von Quecksilberabfällen entgegen den
internationalen Vorschriften (Minamata Übereinkommen), das Verbot des Exports gefährlicher
Abfälle wie organische Chemikalien u.a. (Stockholmer Übereinkommen = POP Übereinkommen; Baseler Übereinkommen). (Wikipedia: Minamata Übereinkommen, Stockholmer/POP Übereinkommen, Baseler Übereinkommen).
Die Details zur Sorgfaltspflicht
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 LkSG sind Unternehmen „dazu
verpflichtet, in ihren Lieferketten die [im LkSG] festgelegten
menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in angemessener
Weise zu beachten mit dem Ziel, ... vorzubeugen oder ... zu beenden.“
Es
ist eine Pflicht, seine Sorgfaltspflichten einzuhalten. Der
Verstoß gegen diese Pflicht besteht unabhängig von der
etwaig greifenden Pflicht, Risiken zu reduzieren oder
Rechtsverstöße zu beenden. Denn nicht immer bestehen Risiken
oder Verstöße. Die Sorgfaltspflicht jedoch besteht immer,
rund um die Uhr. Jedoch nur in angemessener Weise. Es ist eine
Bemühenspflicht (ähnlich wie bei einem
Dienstleistungsvertrag), keine Erfolgspflicht (also nicht wie bei einem
Werkvertrag nach BGB).
Was ist angemessen? Hierüber wird gestritten werden.
Die Maßnahmen müssen möglichst wirksam
sein; vgl. § 4 Abs. 2 LkSG: „Unternehmen müssen ein
angemessenes und wirksames Risikomanagement zur Einhaltung der
Sorgfaltspflichten (§ 3 Absatz 1) einrichten."
Viele Maßnahmen müssen unverzüglich ergriffen werden, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB),
d.h. binnen weniger Tage oder Wochen. Abhängig von der Art und
Weise der Gefahr oder Verletzung. Der
Lieferkettensorgfaltszuständige (s. sogleich) muss in die
Gänge kommen!
Zum Bemühen der Erfüllung der Sorgfaltspflicht
Innerhalb eines Unternehmens ist ein Lieferkettensorgfaltszuständiger zu benennen. § 4 Abs. 3 LkSG:
„Das Unternehmen hat dafür zu sorgen, dass festgelegt ist,
wer innerhalb des Unternehmens dafür zuständig ist, das
Risikomanagement zu überwachen, etwa durch die Benennung eines
Menschenrechtsbeauftragten. Die Geschäftsleitung hat sich
regelmäßig, mindestens einmal jährlich, über die
Arbeit der zuständigen Person oder Personen zu informieren."
Es ist einmal jährlich sowie zusätzlich jedes Mal anlassbezogen eine Risikoanalyse durchzuführen (§ 5 LkSG).
Das Unternehmen (mit 1.000 Arbeitnehmern) muss eine Unternehmens-Grundsatzerklärung abgeben und veröffentlichen. „Das Unternehmen muss eine Grundsatzerklärung über seine Menschenrechtsstrategie abgeben." (§ 6 Abs. 2 LkSG).
Das Unternehmen führt im Falle einer Risikoeinschätzung „angemessene Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich" durch (§ 6 Abs. 3, Abs. 1 LkSG). Ein Konzept mit Zeitvorgaben ist sinnvoll.
Das
Unternehmen führt im Falle einer Risikoeinschätzung
„angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber einem
unmittelbaren Zulieferer" durch (§ 6 Abs. 4 LkSG). Vertragliche
Zusicherungen eines unmittelbaren Zulieferers gehören dazu.
Vertragsanpassungen dieser Zusicherungsvereinbarungen sind abzusichern
und möglich.
Das Unternehmen trifft im Falle einer Rechtsverletzung seitens eines Zulieferers Abhilfemaßnahmen (§ 7 LkSG).
Es bedarf hierfür eines Konzepts, einer Vorstellung von den
künftigen Maßnahmen (Plan). Inklusive Zeitplänen.
Notfalls muss das Unternehmen den Liefervertrag mit dem Zulieferer, der
einen Rechtsverstoß begangen hat, fristgemäß oder gar
fristlos kündigen!
Das Unternehmen bietet ein Beschwerdeverfahren betreffend die Menschenrechte und Umweltrechte innerhalb der Lieferkette an (§ 8 LkSG).
Das Unternehmen muss es Personen ermöglichen, „auf
menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken sowie auf Verletzungen
menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten hinzuweisen, die
durch das wirtschaftliche Handeln eines Unternehmens im eigenen
Geschäftsbereich oder eines unmittelbaren Zulieferers entstanden
sind" (§ 8 Abs. 1 S. 2 LkSG). Zugesandte Berichte von Presse,
Behörden, NGOs und Privatpersonen sind zu lesen! Denn es
könnte darin ein konkreter Hinweis stehen, welchem nachzugehen
ist.
Das Unternehmen dokumentiert seine Erfüllung der Sorgfaltspflicht (§ 10 Abs. 1 LkSG). Dokumentation.
Das Unternehmen schreibt einmal jährlich einen Bericht über
seine Erfüllung der Sorgfaltspflicht (§ 10 Abs. 2
LkSG). Berichterstattung. In dem Bericht muss auch festgehalten werden,
wenn/dass keine Risiken oder Verstöße festgestellt werden
konnten. § 10 Abs. 3 LkSG lautet: „Hat das Unternehmen kein
menschenrechtliches oder umweltbezogenes Risiko und keine Verletzung
einer menschenrechtsbezogenen oder einer umweltbezogenen Pflicht
festgestellt und dies in seinem Bericht plausibel dargelegt, sind keine
weiteren Ausführungen nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 bis 4
erforderlich." Jedes Unternehmen, welches dem LkSG unterfällt,
erstellt einen eigenen Bericht. Dieser ist auf der Website des
Unternehmens kostenfrei und allgemein zugänglich zu machen (§
10 Abs. 2 S. 1 LkSG). Selbstredend ist der Bericht
vollständig und richtig abzugeben. Fehler gehen zulasten des
berichtenden Unternehmens.
Zum unternehmenseigenen Beschwerdeverfahren
Das
Unternehmen muss mindestens: das Beschwerdeverfahren intern oder durch
externe Anbieter gewährleisten (§ 8 Abs. 1 S. 6 LkSG), eine
Verfahrensordnung in Textform zu formulieren (§ 8 Abs. 2 LkSG),
über diese klar und öffentlich informieren (§ 8 Abs. 4
LkSG), einen Beschwerdebeauftragten bestellen und diesen
unabhängig und verschwiegen handeln lassen (§ 8 Abs. 3 S. 1,
S. 2 LkSG), den Zugang von Hinweisen/Beschwerden leicht
ermöglichen, etwa in der jeweils relevanten Sprache (§ 8 Abs.
4 S. 2 LkSG), den Hinweisgebern/Beschwerdeführern den Zugang
zugehender Hinweise/Beschwerden bestätigen (§ 8 Abs. 1 S. 3
LkSG), den Sachverhalt mit den Hinweisgebern zu erörtern (§ 8
Abs. 1 S. 4 LkSG).
Angebot Streitbeilegung und Nachtatverhalten
Sinnvoll
ist es, den Hinweisen gründlich nachzugehen und gegenüber
Behörden aktiv an der Aufklärung und etwaigen
Rechtsverstoßbeendigung mitzuhelfen. Nach § 24 Abs. 4 S. 4 Nr. 7 LkSG
wird in Ordnungswidrigkeitsfällen des Unternehmen das
Nachtatverhalten des Unternehmens gewürdigt: „das Bemühen der
juristischen Person oder Personenvereinigung, die Ordnungswidrigkeit
aufzudecken und den Schaden wiedergutzumachen, sowie nach der
Ordnungswidrigkeit getroffene Vorkehrungen zur Vermeidung und
Aufdeckung von Ordnungswidrigkeiten."
Zuständige Behörde
Kontrollbehörde: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Am Gericht 2, 04552 Borna, Telefon: 06196-9080 (§ 19 Abs. 1 Satz 1 LkSG). Der Antrag auf behördliches Einschreiten kann hier
gestellt werden. Die Behörde wird auf Antrag oder von Amts wegen tätig (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 LkSG)
und hat gegenüber den Unternehmen
die Befugnisse nach § 13 bis § 18 LkSG. Die Unternehmen haben
die Befugnisse der BAFA zu dulden (§ 18 LkSG).
Die Rechtsverordnung nach
§ 13 Abs. 3 LkSG ist die ... [noch nicht erlassen].
Die Rechtsverordnung nach § 14 Abs. 2 LkSG ist die ... [noch nicht
erlassen].
Die BAFA verfolgt nicht nur Rechtsverstöße, sondern gibt den
Unternehmen auch Handreichungen/Informationen mit auf den Weg. Durch
diese behördeninternen Verwaltungsvorschriften bindet sich die
BAFA in einem Streitfall selbst.
Zwangsgelder
Die BAFA kann Zwangsgelder gegen Unternehmen festlegen, die ihren
Verpflichtungen gegenüber der BAFA nicht nachkommen (§ 23
LkSG).
Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrigkeiten werden begangen durch ein bestimmtes (Nicht-)Verhalten gegenüber Unternehmen (§ 24 LkSG). Nach § 24 Abs. 1 LkSG handelt ordnungswidrig, wer „vorsätzlich oder fahrlässig
1.
entgegen § 4 Absatz 3 Satz 1 nicht dafür sorgt, dass eine
dort genannte Festlegung getroffen ist [= kein
Lieferkettensorgfaltszuständiger],
2.
entgegen § 5 Absatz 1 Satz 1 oder § 9 Absatz 3 Nummer 1 eine
Risikoanalyse nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht
rechtzeitig durchführt [= keine Risikoanalyse],
3.
entgegen § 6 Absatz 1 eine Präventionsmaßnahme nicht
oder nicht rechtzeitig ergreift [= keine
Präventionsmaßnahme],
4.
entgegen § 6 Absatz 5 Satz 1, § 7 Absatz 4 Satz 1 oder §
8 Absatz 5 Satz 1 eine Überprüfung nicht oder nicht
rechtzeitig vornimmt [von Präventionsmaßnahmen usw.],
5.
entgegen § 6 Absatz 5 Satz 3, § 7 Absatz 4 Satz 3 oder §
8 Absatz 5 Satz 2 eine Maßnahme nicht oder nicht rechtzeitig
aktualisiert,
6. entgegen § 7 Absatz 1 Satz 1 eine Abhilfemaßnahme nicht oder nicht rechtzeitig ergreift,
7.
entgegen a) § 7 Absatz 2 Satz 1 oder b) § 9 Absatz 3 Nummer 3
– [jeweils] ein Konzept nicht oder nicht rechtzeitig erstellt
oder nicht oder nicht rechtzeitig umsetzt,
8.
entgegen § 8 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit § 9
Absatz 1, nicht dafür sorgt, dass ein Beschwerdeverfahren
eingerichtet ist,
9. entgegen § 10 Absatz 1 Satz 2 eine Dokumentation nicht oder nicht mindestens sieben Jahre aufbewahrt,
10. entgegen § 10 Absatz 2 Satz 1 einen Bericht nicht richtig erstellt,
11.
entgegen § 10 Absatz 2 Satz 1 einen dort genannten Bericht nicht
oder nicht rechtzeitig öffentlich zugänglich macht,
12. entgegen § 12 einen Bericht nicht oder nicht rechtzeitig einreicht oder
13.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 13 Absatz 2 oder § 15
Satz 2 Nummer 2 zuwiderhandelt [= Ignorieren behördlicher
Anordnungen].“
Zivilrechtliche Haftung
Das
LkSG begründet keine zusätzliche Haftung des Unternehmens
wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 LkSG.
Opfer von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltrechtsverletzungen
können gegen die Unternehmen in Deutschland keinen
Schadensersatzanspruch nach LkSG geltend machen. § 3 Abs. 3 LkSG lautet: „Eine Verletzung der Pflichten aus
diesem Gesetz begründet keine zivilrechtliche Haftung. Eine
unabhängig von diesem Gesetz begründete zivilrechtliche
Haftung bleibt unberührt." Es bleibt beim allgemeinen Zivilrecht,
insbesondere § 823 BGB oder nach Vertragsrecht. Allerdings
scheidet eine zivilrechtliche Haftung wegen Verletzung einer
Sorgfaltspflicht gemeinhin oder immer aus. Denn die Menschenrechte und
die Umweltrechte nach LkSG sind häufig zu unbestimmt/vage, um ein
Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB
zu sein. Zudem ist das (deutsche) Internationale Privatrecht zu
prüfen. Nicht immer sind deutsche Gerichte zuständig. Denn,
wenn eine Menschenrechtsverletzung oder Umweltrechtsverletzung begangen
wird, ist in aller Regel das Gericht vor Ort zuständig -- hier
also typischerweise ein ausländisches Gericht.
Menschenrechtsorganisationen Klagebefugnis
Nichtregierungsorganisationen dürfen im Einzelfall die Rechte
Dritter (z.B. Opfer) vor Gericht geltend machen (sog. Prozessstandschaft). Nach
§ 11 Abs. 1 LkSG kann, wer geltend macht, in einer überragend wichtigen geschützten Rechtsposition
aus § 2 Absatz 1 verletzt zu sein, „zur gerichtlichen
Geltendmachung seiner Rechte einer inländischen Gewerkschaft oder
Nichtregierungsorganisation die Ermächtigung zur
Prozessführung erteilen." „Eine Gewerkschaft oder
Nichtregierungsorganisation kann nach Absatz 1 nur ermächtigt
werden, wenn sie eine auf Dauer angelegte eigene Präsenz
unterhält und sich nach ihrer Satzung nicht
gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend dafür
einsetzt, die Menschenrechte oder entsprechende Rechte im nationalen Recht eines Staates zu realisieren" (§ 11 Abs. 2 LkSG).
Mit
diesen Vorschriften (Prozessstandschaft) wird aber kein Rechtsanspruch
aus LkSG begründet. Sondern die Nichtregierungsorganisationen
können nach LkSG diejenigen Rechtsprüche Dritter vor Gericht
geltend machen, welche nach anderen Gesetzesvorschriften (z.B. BGB) bestehen.
Umweltschutzvereinigungen
Die in LkSG erwähnten Umweltschutzrechte sind keine
überragend wichtigen Rechtspositionen einzelner Personen. In
Konsequenz dessen kann diese (theoretische) Person nicht eine
Nichtregierungsorganisation mit der Geltendmachung ihrer (nicht
überragend wichtigen) Rechte beauftragen. Umweltschutzvereinigungen und Naturschutzvereinigungen können das
BAFA in Borna informieren und ein behördliches Kontrollverfahren
anregen (§ 14 LkSG).
Risikomanagement (§ 4 LKSG) = erste Stufe
Der
Begriff Risikomanagement ist im LkSG nicht definiert. Das Gesetz geht
stillschweigend davon aus, dass das betriebswirtschaftliche
Risikomanagement, welches von großen Unternehmen seit je
praktiziert wird, nun auch gezielt zwecks Erkennens etwaiger, im LkSG
aufgelisteter Menschenrechtsverstöße und
Umweltrechtsverstöße (§ 2 Abs. 2, Abs. 3 LkSG)
vorgenommen werden wird. Unternehmen haben ein Eigeninteresse daran,
seitens der Öffentlichkeit nicht mit
Menschenrechtsverstößen (und
Umweltrechtsverstößen) in Zusammenhang gebracht zu werden
(Imagepflege). Das Risikomanagement eines Unternehmens nach den
Vorstellungen der Betriebswirtschaft umfasst vier Prüfschritte:
- Identifizierung von Risiken
-
Messen/Bewerten der identifizierten Risiken (mit der Suche nach den
Ursachen sowie mit der Einschätzung der Auswirkung auf das eigene Unternehmen/Image)
-
Feststellung der Möglichkeiten des Unternehmens, diese
identifizierten Risiken zu beeinflussen (Risikominderung in spe).
Gesucht werden Strategien zur Reduzierung der Risiken. Die Strategie
zielt darauf, das von Unternehmen akzeptierte Risiko(potential) zu
erreichen (jedes Unternehmen lebt mit einem gewissen Risiko). Komplett
beseitigen lässt sich das Risiko typischerweise nicht.
-
Überwachung der Risiken und Überwachung des bisher
durchgeführten Risikomanagements (sozusagen eine Art von
betriebseigener Fehlerkultur).
Insgesamt sind die Interessen der Beschäftigen usw. zu beachten (§ 4 Abs. 4 LkSG). Für das Risikomanagement ist gemeinhin die Geschäftsführung zuständig (§ 4 Abs. 3 Satz 1 LkSG).
Damit das Risikomanagement möglichst vollständig erbracht
werden kann, muss jedes Unternehmen noch die Möglichkeit eines
Beschwerdemanagements schaffen durch die Einrichtung eines
Beschwerdeverfahrens nach § 8 LkSG. Auf diese Weise haben Dritte die Möglichkeit, das Unternehmen auf bestimmte Verstöße aufmerksam zu machen.
Risikoanalyse (§ 5 LkSG) = erste Stufe
Wie
die Bewertung der Risiken stattzufinden hat, bestimmt nicht jedes
Unternehmen für sich nach eigenem Gutdünken, sondern das LkSG
in seiner Vorschrift § 5 LkSG.
Nach § 5 Abs. 1 sind die Vorgaben des § 5 Abs. 2 bis Abs. 4
LkSG zu beachten. Auf diese Weise wird dafür gesorgt, dass alle
Unternehmen den gleichen Bewertungsstandard praktizieren. Die
Risikoanalyse ist Teil des Risikomanagements. Das Risikomanagement samt
der Risikoanalyse ist zu dokumentieren (§ 10 LkSG).
Präventionsmaßnahmen (§ 6 LkSG) = zweite Stufe
Ein Unternehmen, das ein Risiko
festgestellt hat, muss Präventionsmaßnahmen ergreifen
(§ 6 Abs. 1 LkSG). Auf diese Weise soll ein drohendes oder
bestehendes Risiko möglichst noch rechtzeitig in seinem Eintritt
verhindert werden. Erbracht werden müssen:
-
eine Grundsatzerklärung des Unternehmens bezüglich der
Menschenrechtsstrategie und der Umweltrechtsstrategie (§ 6 Abs. 2
LkSG).
- in
dieser Erklärung die vorgesehenen
Präventionsmaßnahmen benennen (§ 6 Abs. 3, Abs. 4
LkSG). Von Bedeutung sind hierbei insbesondere die Angabe
über die Auswahl eines unmittelbaren Zulieferers (§ 6
Abs. 4 Nr. 1 LkSG) und die Selbstverpflichtung, vertragliche
Zusicherungen eines unmittelbaren Zulieferers einzuholen, dass dieser
Zulieferer die von der Geschäftsleitung des Unternehmens
verlangten menschenrechtsbezogenen und umweltbezogenen Erwartungen
einhält und entlang der Lieferkette angemessen adressiert (§
6 Abs. 4 Nr. 2 LkSG).
- alljährliche Überwachung der bisherigen Maßnahmen (§ 6 Abs. 5 LkSG).
Abhilfemaßnahmen (§ 7 Abs. 1 LkSG) = zweite Stufe
Ein Unternehmen, das einen Rechtsverstoß festgestellt hat, muss Abhilfemaßnahmen ergreifen (§ 7 Abs. 1 LkSG). Ein Verstoß im eigenen Unternehmen im Inland ist zu beenden; § 7 Abs. 1 Satz 3 LkSG. Ein Verstoß im eigenen Unternehmen im Ausland soll in der Regel beendet werden; § 7 Abs. 1 Satz 4 LkSG.
Konzept zum Minimierung der Verstöße (§ 7 Abs. 2 LkSG) = dritte Stufe
Die Beendigung eines Rechtsverstoßes in der Lieferkette
ist durch Zusammenarbeit des Unternehmens mit dem/den unmittelbaren
Zulieferern zu entwickeln; Konzept nach § 7 Abs. 2 Satz 1 LkSG. Es
kommt auf die Zusammenarbeit mit dem Verursacher an sowie ggf. auf die
Zusammenarbeit mit anderen Marktteilnehmern/Mitbewerbern. Fraglich ist
hier die Vereinbarkeit der Vereinbarungen mit Mitbewerbern/Konkurrenten
gemäß dem Kartellrecht (welchen Staates?). Also:
- Konzepterstellung.
- Vereinbarungen mit anderen.
- unter Umständen schließlich die Beendigung der Geschäftsbeziehung; § 7 Abs. 3 LkSG.
Der Gesetzgeber zwingt also die Unternehmen zur Beendigung ihrer
Geschäftsbeziehungen im Einzelfall. Hierzu wird es künftig sicherlich
zahlreiche Rechtsprechung geben! Der Abbruch der Geschäftsbeziehung
kann erfolgen durch Inanspruchnahme zivilrechtlicher Vorschriften wie
-- im deutschen Recht -- § 314 Abs. 2 BGB (Kündigung aus wichtigem Grund), § 324 BGB (Rücktritt wegen vertraglicher Pflichtverletzung), §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 282 BGB
(Beendigung wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung der
Geschäftsbeziehung). Damit dies gelingt, empfiehlt es sich, in künftige
Verträge entsprechende Klauseln aufzunehmen.
Einige
Regionen dieser Welt sind dafür bekannt, dass dort seitens
autoritärer Staaten strukturell Menschenrechtsverletzungen
vorgenommen werden. Teils wird von einem Genozid berichtet. In diesen
Fällen ist mit der Pflicht zum Abbruch der
Geschäftsbeziehungen vor Ort zu rechnen. Alles andere wäre
eine rechtspolitische Überraschung. Voraussetzung ist unter
anderem, dass „dem Unternehmen keine anderen milderen Mittel zur
Verfügung stehen und eine Erhöhung des Einflussvermögens
nicht aussichtsreich erscheint" (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LkSG).
Über die Frage, ab wann diese Erkenntnisse vorliegen
(Aussichtslosigkeit), lässt sich nur bedingt bis wenig streiten.
In der Sachbuchpresse gibt es inzwischen zahlreiche Berichte und
Autobiographien etc.
Sollten
Sie einen Bußgeldbescheid oder eine andere behördliche
Anordnung erhalten, so können Sie gerne anrufen.
Beispiel: Grabsteine
Es
gibt aber noch andere Rechtsfälle in Sachen Menschenrechts- bzw.
Umweltrechtsverletzungen und jeweils Lieferketten. Ein Beispiel sind
die Grabsteine, welche aus Indien stammen und durch auch Kinderarbeit entstanden sind.
a)
Die Stadt Nürnberg
hatte im Jahre 2009 eine Bestattungs- und Friedhofssatzung (BFS)
erlassen. In dem dortigen § 28 Abs. 2 BFS stand: „Es
dürfen nur Grabmale aufgestellt werden, die nachweislich in der
gesamten Wertschöpfungskette ohne ausbeuterische Kinderarbeit im
Sinne des Übereinkommens über das Verbot und
unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten
Formen der Kinderarbeit der Internationalen Arbeitsorganisation
(ILO-Konvention 182), in Kraft getreten am 19. November 2000,
hergestellt wurden."
Das BVerwG
entschied im zweiten Anlauf: „Gemessen an diesen Grundsätzen
verletzt die angegriffene Satzungsbestimmung das Gebot der
Normenklarheit und der hinreichenden Bestimmtheit, indem sie anordnet,
dass nur Grabmale aufgestellt werden dürfen, die
„nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette“
ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182
hergestellt wurden. Durch diese Regelung hat es [die Stadt] der
Friedhofsverwaltung überlassen zu überprüfen und zu
beurteilen, ob die von den Steinmetzen beigebrachten Nachweise belegen,
dass das Grabmal in der gesamten Wertschöpfungskette ohne
ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt worden ist, und damit die im
Zusammenhang mit der Anwendung dieser Bestimmung entstehenden Probleme
unzulässigerweise in den Normvollzug verlagert. Dies könnte
den Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit einer Norm nur
gerecht werden, wenn für den Normbetroffenen unschwer erkennbar
wäre, welcher Nachweis genügen würde. Daran fehlt es
jedoch, da es bislang keine validen Nachweismöglichkeiten gibt.
Derzeit können sich die Steinmetzbetriebe nur auf
Eigenerklärungen von Herstellern und Lieferanten stützen, die
jedoch keinerlei Sicherheit hinsichtlich des Merkmals „frei von
Kinderarbeit“ garantieren können. Verlässliche Zertifizierungssysteme und Gütesiegel unabhängiger Organisationen sind bisher nicht bekannt..." (BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 – 8 CN 1.12, BVerwGE 148, 133).
Es bedürfe zudem einer klaren Ermächtigungsgrundlage im
Landesrecht, welcjhe für alle Kommunen des Landes
gleichermaßen gilt. Denn: „Einer gesetzlichen Grundlage
bedarf es vor allem mit Blick auf das erforderliche Nachweissystem.
Wie gezeigt, muss der Satzungsgeber festlegen, welcher Art der in
§ 28 Abs. 2 BFS geforderte Nachweis zu sein hat und welche
Nachweise als ausreichend angesehen werden (oben 2.b). Derartige
Festlegungen betreffen indes nicht nur die Steinmetze im jeweiligen
räumlichen Einzugsbereich einer Gemeinde, sondern wesentliche
Bedingungen der Ausübung des Steinmetzberufs überhaupt. Schon
dies unterstreicht die außerordentliche Bedeutung derartiger
Regelungen für die Berufsausübung. Hinzu kommt, dass der
Gesetzgeber das erforderliche Nachweissystem wegen seiner Bedeutung
für die Grundrechtsausübung – auch – der
Händler jedenfalls in seinen Grundzügen selbst regeln muss.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit unter den
Steinmetzen wäre schwer
erträglich, würde jede Gemeinde in ihrem Gebiet
Nachweisanforderungen stellen, die sich von denjenigen der
Nachbargemeinde erheblich unterscheiden." (BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 – 8 CN 1.12).
Ohne gesetzliche Klarstellung, welche Anforderungen an den Nachweis
erfüllt sein müssen, sei eine solche Regelung rechtswidrig:
„Die Regelung genügt aber nicht dem Gebot der
Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Es ist verletzt,
wenn die Schwere des Eingriffs völlig außer Verhältnis
zum damit verfolgten Zweck steht (stRspr...). Das Erfordernis
nachzuweisen, dass aufzustellende Grabmale nicht aus ausbeuterischer
Kinderarbeit herrühren, stellt eine einschneidende, schwerwiegende
Beschränkung der Berufsausübung der Steinmetze dar. Es macht
einen wesentlichen Teil ihrer beruflichen Betätigung davon
abhängig, dass sie den vollen Beweis einer negativen Tatsache
erbringen. Die damit verbundene schwerwiegende Beeinträchtigung
steht außer Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Zweck,
solange nicht klar geregelt ist, welcher Art der geforderte Nachweis zu
sein hat und welche Nachweise als ausreichend angesehen werden."(BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 – 8 CN 1.12).
b)
Auch § 13 Abs. 2 Friedhofssatzung der Stadt Kehl
vom 30.11.2011 ist insoweit unwirksam: „Für Grabmale und
sonstige Grabausstattungen dürfen nur Naturstein, Holz,
Schmiedeeisen, Bronze, Stahl, bruchsicheres Glas oder Hartplastik
verwendet werden. Es dürfen nur Grabsteine verwendet werden, die
nachweislich aus fairem Handel stammen und ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der Konvention 182 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hergestellt
sind. Bei Steinen, die ausschließlich aus Deutschland oder dem
Europäischen Wirtschaftsraum stammen, reicht der Nachweis der
ausschließlichen Herkunft aus diesen Ländern. Im
Übrigen wird der Nachweis in der Regel durch ein
vertrauenswürdiges, allgemein anerkanntes Zertifikat erbracht. Die
zuständige Friedhofsverwaltung führt und aktualisiert
fortlaufend ein Verzeichnis der vertrauenswürdigen Zertifikate und
hält dieses zur Einsicht der Friedhofsbenutzer, die ein Grabmal
aufstellen wollen, und ihrer bevollmächtigten Beauftragten bereit.
Der Nachweis, dass ein Stein ohne ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne
der ILO-Konvention 182 hergestellt ist, bzw. der Nachweis, dass ein
Zertifikat, das in der vorgenannten Liste bisher nicht aufgeführt
ist, vertrauenswürdig ist, kann auch durch Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO)
geführt werden. Die Behörde ist zu eigenen Ermittlungen
(§ 24 LVwVfG) nicht verpflichtet. Wird der Nachweis durch ein
Zertifikat oder einen Herkunftsnachweis geführt, ist eine
schriftliche Versicherung des Lieferanten des fertigen und
individualisierten Grabsteins vorzulegen, dass die Herkunft des
verwendeten Steins dem Zertifikat bzw. dem Herkunftsnachweis
entspricht. Die Friedhofsverwaltung kann die Übereinstimmung der
Herkunft des Steins mit dem vorgelegten Zertifikat oder die Herkunft
des Steins aus dem Europäischen Wirtschaftsraum jederzeit, auch
nachträglich, auch durch Entnahme und Untersuchung einer Probe an
versteckter Stelle, nachprüfen. Ergibt sich dabei, dass die
Herkunft des Steins nicht dem Zertifikat entspricht oder dass dieser
nicht ausschließlich aus dem Europäischen Wirtschaftsraum
stammt, kann die Beseitigung des Steins verlangt werden. Entsprechendes
gilt, wenn sich sonst nachträglich ergibt, dass der Stein nicht
ohne ausbeuterische Kinderarbeit hergestellt ist."
Ab
der Änderung vom 04.10.2012 hieß es: „Für
Grabmale und sonstige Grabausstattungen dürfen nur Naturstein,
Holz, Schmiedeeisen, Bronze, Stahl, bruchsicheres Glas oder Hartplastik
verwendet werden. Es dürfen nur Grabmale aufgestellt werden, die
nachweislich in der gesamten Wertschöpfungskette ohne
ausbeuterische Kinderarbeit im Sinne der ILO-Konvention 182 hergestellt
sind. Jedem Antrag auf Genehmigung nach den Absätzen 1 bis 3 sind
Nachweise über die Produktionsbedingungen beizufügen. Sie
sind Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit.“
„Insbesondere
lässt sich eine allgemeine Verkehrsauffassung, welche bestehenden
Zertifikate als verlässlich einzustufen sind, nicht feststellen.
Zwar hat der Gesetzgeber die Zertifikate fair stone und XertifiX in der
Gesetzesbegründung als in Betracht kommend angeführt (vgl.
LT-Drucks. 15/1648, S. 4; vgl. auch LUBW, Faire Beschaffung in
Kommunen, August 2009, S. 17, 27; Bayerisches Staatsministerium
für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie -
Leitfaden, März 2013, S. 10). Eine
allgemeine Verkehrsauffassung, dass diese Siegel verlässlich sind,
belegt das jedoch nicht. An verlässlichen
Nachweismöglichkeiten fehlt es,
wie bereits das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 16. Oktober 2013
festgestellt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.2013, a.a.O., Rn. 22) und
wovon auch die Beteiligten hier übereinstimmend ausgehen, bisher.
§ 13 Abs. 2 Satz 4 FS ist, da die Norm mangels eines allgemein
anerkannten Zertifikats nicht vollzugsfähig ist, bereits nicht
geeignet, den verfolgten Zweck, dass Grabsteine aus ausbeuterischer
Kinderarbeit nicht verwendet werden, zu fördern. Aufgrund ihrer
mangelnden Umsetzbarkeit belastet die Norm zudem die betroffenen
Steinmetze übermäßig und ist daher
unverhältnismäßig im engeren Sinne." (VGH Mannheim, Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12, VBlBW 2014, 462 = DÖV 2014, 680 = openJur 2014, 9637).
Ergebnis: Die Grabsteine aus Indien sind nach wie vor auf deutschen
Friedhöfen „zugelassen". Das Risiko, dass Kinderarbeit
zur Herstellung der Grabsteine führte, wird in Deutschland (noch)
akzeptiert.
Literatur zum Thema Grabsteine:
-- Im Grabsteinbruch, Süddeutsche Zeitung vom 03.03.2016.
-- Grabsteine aus Kinderarbeit stehen auf deutschen Friedhöfen, Die Zeit vom 29.10.2013.
Offenbach am Main, 01.07.2024
Copyright obiges Foto: pixabay.com/de
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