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Kanzlei für Natur-, Fische- und Meeresfrüchterecht




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Aquakulturrecht
 

 
 
 
Aquakultur
Aquakultur ist die Produktion von Wasserorganismen (Fische, Krabben, Muscheln etc.) unter kontrollierten Bedingungen. Sie dient der Erzeugung von Lebensmitteln. Ob die Menschen in Deutschland mehr Weidetiere bzw. Masttiere (Schafe, Ziegen, Rinder, Schweine, Hühner) oder vermehrt Fische, Muscheln oder Algen essen (Fische etc.) [oder auch Insekten als neue Lebensmittel], ist neben einer unternehmerischen Entscheidung eine auch politische Frage.
Wieviel Nahrung soll in Deutschland produziert werden? Wieviel Nahrung soll importiert werden? Auf die Aquakultur in Deutschland zu verzichten und allein auf Importe zu setzen, ist keine gute Lösung.

 
 
Definition:
Aquakultur i.S.d. EU-Rechts ist -- je nach Definition -- „die kontrollierte Aufzucht aquatischer Organismen mit Techniken zur Steigerung der Produktion der fraglichen Organismen über die natürlichen ökologischen Kapazitäten hinaus; die Organismen verbleiben in allen Phasen der Aufzucht bis einschließlich der Ernte Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person" (Art. 4 Abs. 1 Nr. 25 Fischerei-Grundverordnung VO EU 1380/2013) bzw. „die Haltung von Wassertieren, wobei die Tiere während der gesamten Aufzucht oder Haltung, einschließlich Ernte, Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person bleiben, mit Ausnahme der Ernte bzw. des Fangs wild lebender Wassertiere, die anschließend bis zur Schlachtung vorübergehend ohne Fütterung gehalten werden, zum menschlichen Verzehr („Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit" (EU-Tiergesundheitsrechts-Verordnung)) bzw. „die Aufzucht von Wasserorganismen mit entsprechenden Techniken mit dem Ziel der Produktionssteigerung über das unter natürlichen Bedingungen mögliche Maß hinaus, wobei die Organismen während der genannten Aufzucht oder Haltung, einschließlich Ernte bzw. Fang, Eigentum einer oder mehrerer natürlicher oder juristischer Personen bleiben." (Art. 3 Abs. 1 lit. a RL 2006/88/EG des Rates vom 24. Oktober 2006 mit Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur und Aquakulturerzeugnisse und zur Verhütung und Bekämpfung bestimmter Wassertierkrankheiten). Die Richtlinie 2006/88/EG ist durch die EU-Verordnung
„Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit" (EU-Tiergesundheitsrechts-Verordnung) mit Umsetzung dieser durch die deutsche Fischseuchenverordnung 2008 (FischSeuchV), noch nicht aktualisiert, ersetzt worden. Die Zucht/Vermehrung muss nicht in jedem Betrieb, also nicht in dem einzelnen Betrieb stattfinden. Allerdings muss sie im Zusammenhang, d.h. irgendwo in der internen Lieferkette stattfinden. Zucht oder Wachstum werden unter vom Menschen kontrollierten Bedingungen herbeigeführt.
 
Ein Aquakulturbetrieb i.S.d. deutschen Rechts ist „jeder Betrieb, der einer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Zucht, Haltung oder Hälterung von Fischen nachgeht" (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 FischSeuchV). Hier taucht der letztlich notwendige Aspekt der Vermehrung im Begriff Zucht auf. Der deutsche Rechtsbegriff ist jedoch zu einengend formuliert; nicht jeder Betrieb muss Tiere züchten, um ein Aquakulturbetrieb zu sein.
 
Arten von Aquakultur sind z.B.:
- Aufzucht von Organismen in Salzwasser (Marikultur oder im Meer), z.B. mit Netzgehegen (Netzgehegeanlagen) oder Langleinen,
- Süßwasseranlagen in Teichen oder Binnengewässern,
- geschlossene Durchlaufanlagen an Land (Süßwasser oder Salzwasser/Marikultur), mit Pumpenbetrieb (Kreislaufanlagen, Warmwasseranlagen),
- an Gewässern jeweils intensiv (mit Nahrungszufuhr) oder extensiv (ohne Nahrungszufuhr durch den Menschen; Beispiel: Muschelkultur).
 
Ohne irgendeine Zucht im weiteren Sinne geht es nicht. Aus der Rechtsprechung: „Das Aus- bzw. Einbringen importierter Muscheln ist allerdings – entgegen der Auffassung des Beklagten – keine Muschelzucht und damit unter diesem Gesichtspunkt keine Muschelfischerei im Sinne des § 6 Abs. 3 Nr. 2 NPG. Der Begriff „Zucht" beinhaltet mehr als das bloße Aussetzen und das sich anschließende Sich-Selbst-Überlassen, um das es hier geht. Er erfordert eine gewisse Kontrolle über die ausgesetzten Muscheln, wie das – beispielsweise – bei Aquakulturen der Fall ist, und eine gewisse Zielrichtung, die über die bloße „wilde", unkontrollierte Vermehrung hinausgeht (eine Zielrichtung, wie sie beispielsweise von ... verfolgt worden ist...“  (OVG Schleswig, Urt. v. 15.12.2011 – 1 LB 19/10).
 
Arten von Aquakultur:
Kreislaufanlagen z.B. zwecks Ranching: Wasserorganismen werden entweder künstlich vermehrt (= Setzlinge = Lebewesen in der frühen/ersten Phase ihres Lebens = Jungfische [noch nicht schon Setzlinge: Larven oder Gameten]) und dann in ein Gewässer entlassen. Später werden die größer gewordenen Tiere/Setzlinge abgefischt. Oder aber junge Wasserorganismen werden aus einem natürlichen Gewässer gefangen (= Setzlinge = Jungfische) und sodann in Aufzuchtanlagen aufgezogen (= Unterfall: Capture Based Aquakultur = fangbasierte Aquakultur)). Die Setzlinge werden durch Einsatz von Wasser, Futter, Energie, Licht, Arbeit usw. aufgezogen. Abfallprodukte wie Futterreste, Ausscheidungen oder Nährstoffe und Gase müssen entsorgt werden (heute insbesondere mittels Wasseraufbereitung/Betriebskreislauf). Teils können diese durch zugleich eingesetzte Algenkulturen oder Muschelkulturen verringert werden (Nährstoffe).
Teiche (extensiv oder halb-intensiv). Extensive Teiche können u.U. im Nebenerwerb betrieben werden.
Netzgehege (z.B. Netzkäfige, Netze).
 

 
Fischarten in Teichanlagen:
Insbesondere Regenbogenforelle, Gemeiner Karpfen, Lachsforelle, Elsässer Saibling, Europäischer Aal, Afrikanischer Wels, Muscheln. Durch den Verzehr von Süßwasserfischarten (zusätzlich: Zander, Barsch, Hecht, Maräne) könnte der regionale Fischmarkt gestärkt werden. Ebenso könnte die Teichwirtschaft in ihrer Funktion als Teil von Ökosystemleistungen angesehen und wertgeschätzt (Gewässeroberflächen für Tiere und zur Kühlung). Gegenwärtig entfallen auf den Süßwasserfischmarkt rund 25 %, auf den Seefischmarkt rund 75 % Marktanteil.
 
 
Vorteile der Aquakultur:
Fische liefern ungesättigte Fettsäuren, z.B. Omega-3-Fettsäuren.
Fische verwerten ihr Futter besser als Säugetiere.
Fische liefern prozentual mehr „Fleisch“ (Muskelanteil).
Fische geben weniger Nährstoffe an die Umwelt ab als Rind und Schwein (geringere Eutrophie-rung).
Fische haben eine bessere CO2-Bilanz als Säugetiere. Insbesondere Aquakulturbetriebe unter Nutzung erneuerbarer Energiequellen.
Fische benötigen weniger Fläche (Grundstücke) als Weidetiere und Schlachtvieh.
Algen sind gesund.
Algen verbessern die Wasserqualität der Gewässer.
Muscheln verbessern die Wasserqualität der Gewässer.
Algen und Muscheln in den Meeren verbrauchen weniger/kaum Fläche an Land.
Algen und Muscheln in den Meeren verbrauchen kein Süßwasser/Trinkwasser.
Fischteiche erhalten oder gar erhöhen die Biotopvielfalt und Artenvielfalt. Es gibt mehrere teichgebundene FFH-Lebensraumtypen (z.B. naturnahe eutrophe Stillgewässer; oligo- bis mesotrophe Stillgewässer). Arten sind z.B.: Schneidenblütengras, Schwimmendes Froschkraut, Große Moosjungfer (Libellenart), Kammmolch, Rotbauchunke, Vogelarten wie die Rohrdommel).
Fischteiche sind teils landschaftsprägende Teichgebiete mit Naherholungsfunktion.
Entwicklungen während der letzten 20 Jahre:
- gesenkte Nährstoffemissionen je erzeugte Tonne Fisch in die Natur/Umgebung
- Futtermittelherstellung mit weniger Umweltbelastungen (z.B. regionale Pflanzen statt Soja-Importe als Futterkomponenten)
- Ablaufwasserreinigung mit weniger Umweltbelastungen.
 
 

Gesetze:
Gesetze und Verordnungen usw. sind -- über die gewässerrechtlichen Vorschriften hinaus -- beispielsweise:
- Völkerrecht: Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (SRÜ).
- EU: Fischerei-Grundverordnung VO EU 1380/2013.
- Kontroll-Verordnung Fischerei VO EU 2023/2842.
- SMEFF-Verordnung nachhaltige Bewirtschaftung Außenflotten VO EU 2017/2403.
- IUU-Verordnung Unterbindung illegale Fischerei VO EG 1005/2008.
- Verordnung Fischerei-Aufsichtsagentur VO EU 2019/473.
- Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie).
- Vogelschutzrichtlinie (VS-RL).
- Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MS-RL).
- Maritime Raumplanungs-Richtlinie (MRO-RL).
- Gemeinschaftliche Fischereipolitik (GFP).
Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit (Tiergesundheitsrechts-Verordnung VO EU 2016/429); zuvor Richtlinie 2006/88/EG des Rates vom 24. Oktober 2006 mit Gesundheits- und Hygienevorschriften für Tiere in Aquakultur und Aquakulturerzeugnisse und zur Verhütung und Bekämpfung bestimmter Wassertierkrankheiten (RL 2006/88/EG), umgesetzt durch die deutsche Fischseuchenverordnung 2008 (FischSeuchV).
- Verordnung (EG) Nr. 708/2007 des Rates vom 11. Juni 2007 über die Verwendung nicht heimischer und gebietsfremder Arten in der Aquakultur (EG-Aquakulturartenverordnung).
 
- Deutschland (Bund): Seefischereigesetz (SeeFischG) mit Seefischereiverordnung (SeefiV) und die Fischereigesetze der Länder.
- Verordnung über die Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee und in der Ostsee" (AWZROV).
- Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG) mit der Verordnung über das Befahren der Bundeswasserstraßen in bestimmten Naturschutzgebieten (NSGBefV ).
- Tierschutzgesetz (TierSchG).
 

- Deutschland (Länder): Fischereigesetz für das Land Schleswig-Holstein (LFischG S-H)  mit Landesverordnung über die Ausübung der Fischerei in den Küstengewässern (KüFVO S-H) oder Landesverordnung zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 708/2007 des Rates vom 11. Juni 2007 über die Verwendung nicht heimischer und gebietsfremder Arten in der Aquakultur (Aquakulturartenverordnung – AquakulturArtVO S-H.) vom 19. April 2010 Schl.-H. Übersicht auf Infoseite für Touristen über die Rechtsvorschriften unter dem Landesportal.
- Fischereigesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesfischereigesetz - LFischG M-V) mit der aufgrund dieses LFischG erlassenen Küstenfischereiverordnung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (KüFVO M-V). Diese Vorschriften regeln die Fangfischerei (insbesondere das Angeln in freier Natur/Gewässer und die Teichwirtschaft etc.). Spezielle Vorschriften über Aquakulturen sind in diesen Regelungen nicht enthalten.
- Fischereigesetz des Landes Niedersachsen und Fischereigesetze der übrigen Bundesländer.
 

 
A. Internationales Recht:
Zuerst gilt das SRÜ. Darüber hinaus gibt es regionale internationale Abkommen:
- das Antarktis-Vertragssystem (AVS) mit dem Umweltschutzprotokoll des Antarktisvertrags (PEPAT),
- das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks = Oslo-Paris Konvention (OSPAR), betreffend die Nordsee,
- das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Ostseegebiets (Neue Helsinki Konvention (HELSINKI) betreffend die Ostsee),
- das Abkommen Trilaterale Wattenmeer-Zusammenarbeit (TMAP) von Dänemark, Deutschland, Niederlande betreffend die Nordsee.

    
 
B. EU-Recht:
Die EU hat die ausschließliche Zuständigkeit in folgenden Bereichen: ... Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik; Art. 3 Abs. 1 lit. d AEUV. Die EU hat die von der Union mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche: ... Umwelt; Art. 4 Abs. 2 lit. e AEUV. Der Begriff der Umwelt umfasst den Begriff Natur und ist weit zu verstehen. Nicht umfasst ist der Tierschutz; vgl. Art. 13 AEUV.
Die EU darf Gesetzgebungskompetenzen betreffend andere Politikbereiche stets für Umweltfragen nutzen. „Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden"; Art. 11 AEUV (Querschnittsklausel Umweltrecht). Die Umweltpolitik der Union trägt zur Verfolgung der nachstehenden Ziele bei: Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität; Schutz der menschlichen Gesundheit; umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen; Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels; Art. 191 Abs. 1 AEUV. Zur Erreichung dieser Ziele beschließen das Europäische Parlament und der Rat „gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren"; Art. 192 Abs. 1 AEUV. Die Gesetze des EU heißen Verordnung (Art. 288 Abs. 2 AEUV) oder Richtlinie (Art. 288 Abs. 3 AEUV).

Die EU hat eine „Gemeinsame Fischereipolitik der EU" verabschiedet auf der Grundlage der „Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates" (VO EU 1380/2013). Nach dieser Verordnung müssen die EU-Kommission „unverbindliche strategische Leitlinien der Union über gemeinsame Prioritäten und Ziele für die Entwicklung einer nachhaltigen Aquakultur" festlegen und die Mitgliedstaaten in Sachen Aquakultur sodann „mehrjährige nationale Strategiepläne" erstellen; Art. 34 Abs. 1 VO EU 1380/2013. Ziel ist hierbei insbesondere die „Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Aquakulturwirtschaft und Unterstützung der Weiterentwicklung und Innovation." Nicht die Tiergesundheit.
 
Art. 2 Fischerei-Grundverordnung VO EU 1380/2013 mit den ersten drei Absätzen lautet:
(1) Die GFP stellt sicher, dass Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten langfristig umweltverträglich sind und auf eine Art und Weise durchgeführt werden, die mit den Zielen der Erreichung eines wirtschaftlichen, sozialen und beschäftigungspolitischen Nutzens und eines Beitrags zum Nahrungsmittelangebot vereinbar ist.
(2) Die GFP wendet bei der Bestandsbewirtschaftung den Vorsorgeansatz an und setzt sich bei der Nutzung der biologischen Meeresschätze das Ziel, die Populationen fischereilich genutzter Arten in einem Umfang wiederherzustellen und zu erhalten, der oberhalb des Niveaus liegt, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht.
Um das Ziel, die Fischpopulationen schrittweise wiederaufzufüllen und oberhalb eines Niveaus der Biomasse zu halten, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht, zu verwirklichen, wird der Grad der Befischung, der den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht, soweit möglich bis 2015, und unter allen Umständen schrittweise für alle Bestände bis spätestens 2020 erreicht.
(3) Die GFP stellt durch Anwendung des ökosystembasierten Ansatzes bei der Bestandsbewirtschaftung sicher, dass die negativen Auswirkungen der Fischerei auf das Meeresökosystem auf ein Mindestmaß reduziert werden, und bemüht sich, dafür zu sorgen, dass eine Verschlechterung der Meeresumwelt durch Aquakultur- und Fischereitätigkeiten vermieden wird."
 
1. Betriebszulassung

Die Aquakulturbetriebe bedürfen grundsätzlich der vorherigen betrieblichen Zulassung (Art. 172 VO EU 2016/429), ausnahmsweise lediglich der vorherigen betrieblichen Registrierung (Art. 176 ff. VO EU 2016/429).
Der Betriebsinhaber oder ein Fischwirt benötigen grundsätzlich einen Fischereischein (z.B. § 7 SeeFischG i.V.m. § 21 SeeFischG i.V.m. § x LFischG des zuständigen Landes).
 
2. Tierhaltung
Die Tierhaltung wird mit der „Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere" (Nutztierhaltung-Richtlinie 98/58/EG) geregelt. Sie ist mit dem deutschen Tierschutzgesetz (TierSchG) umgesetzt worden. Vor allem § 2 TierSchG zur Haltung, § 11 TierSchG zur Betriebserlaubnis und § 16 TierSchG zur behördlichen Kontrolltätigkeit sind von Bedeutung. Tier i.S.d. Richtlinie 98/58/EG ist „jedes Tier (einschließlich Fische, Reptilien und Amphibien), das zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten oder Fellen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten wird." Wirbellose Tiere zählen nicht dazu. Auch nicht Fische in der Haltung zu nicht landwirtschaftlichen Zwecken.
 
3. Tiergesundheit
Die Tiergesundheit wird in der EU separat geregelt, und zwar mit der „Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit" (Tiergesundheitsrechts-Verordnung
VO EU 2016/429) mit zahlreichen Durchführungsverordnungen etc.
Diese Verordnung hat die vorherige Richtlinie 2006/88/EG abgelöst. Die deutsche Fischseuchenverordnung (FischSeuchV 2008 ) ist noch nicht aktualisiert worden; es fehlt noch die FischSeuchV 2024 oder 2025. Die FischSeuchV gilt weiterhin insoweit, als sie der neuen EU-Verordnung nicht widerspricht (Gesetzesvorrang EU-Recht).
Schwierigkeiten sind: Es gibt kaum Impfstoffe. Es gibt nur wenige zugelassene Arzneimittel. Es bedarf noch ergänzender EU-Vorschriften betreffend Betäubung und Schlachtung von Fischen und Meeresfrüchten, um die „gute fachliche Praxis" zu präzisieren..
 
 
C. Deutsches Recht
Der Bund könnte ein Aquakulturgesetz in Kraft setzen. Hat er aber nicht. Die Gesetzgebungskompetenz hierfür hätte er aus den Regelungsgegenständen Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG), ggf. Landwirtschaft i.w.S. (Art. 74 Abs. 1 Nr. 17 GG), ggf. Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG), Tierschutz (Art. 74 Abs. 1 Nr. 20 GG), Schifffahrt (Art. 74 Abs. 1 Nr. 21 GG), Abfallwirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG), Naturschutz (Art. 74 Abs. 1 Nr. 29 GG, Raumordnung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG), Gewässerschutz (Art. 74 Abs. 32 GG).
Die Länder dürfen in Kraft gesetzte Vorschriften des Bundes ergänzen (Art. 72 Abs. 1 GG) und von diesen auch teils abweichen (Art. 72 Abs. 3 GG).

Die Gesetzgebungskompetenzen greifen unumstritten für die inneren Gewässer und die Küstengewässer. Für die Allgemeine Wirtschaftszone gilt dies auch -- trotz des Art. 32 GG mit dem Recht des Bundes, die Beziehungen mit ausländischen Staaten zu pflegen.

1. Grundgesetz
Die Betreiber von Aquakulturen üben einen Beruf auf -- zum Beispiel Fischwirt. Die Berufsfreiheit ist verfassungsrechtlich geschützt (Art. 12 GG). Die Aquakulturen dienen der Nahrungsmittelproduktion. Sie können sowohl einen Beitrag zur Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen leisten (Art. 20a GG zum Wohle der Wildfischbestände = Schutz vor Überfischung der Weltmeere; weniger Schadstoffe und Emissionen bei der Futterverwertung; relativ kurze Transportwege möglich) als auch einen Beitrag zum Schaden der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a zum Wohle der Ressourcen z.B. Wasserqualität und Biodiversität = z.B. Beifang zulasten der Biomasse, z.B. pflanzliche Fischmehlproduktion zulasten der Umwelt). Kurzum: Das Ob der Aquakultur ist positiv i.S.d. Art. 20a GG zu werten, das Wie der Produktion ggf. negativ i.S.d. Art. 20a GG. Aquakulturen können wie eine Massentierhaltung ausarten.

 
2. Betriebsstandort
Von Betriebsort hängt das anzuwendende Recht ab. Zu unterscheiden sind die Binnenland-Aquakulturbetriebe und die Küstengewässer-Aquakulturbetriebe.
Für beide gelten teils die gleichen Vorschriften, etwa in den Bereichen:
- Tierschutzrecht nach TierSchG,
- Lebensmittelrecht und Futtermittelrecht nach LFGB,
- Lebensmittelhygienerecht.
 
3. Die Zulassungsverfahren jedoch sind verschieden (Ob des Betriebs)
 
a) Binnenland = Binnenland-Aquakultur
- Baugenehmigungsverfahren (
Bauplanungsrecht des Bundes und BauO des Landes) inklusive wasserrechtliche/abwasserrechtliche(r) Fachbeitrag/Zulassung (§ 12 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Satz 1, § 60 Abs. 3 WHG), naturschutzrechtliche Zulassung (BNatSchG mit Eingriffsregelungsüberprüfung (§§ 14, 15 BNatSchG), mit Artenschutzgutachten (§§ 44, 45 BNatSchG), mit Biotopschutzgutachten (§ 30 BNatSchG), mit ggf. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) oder FFH-Verträglichkeitsprüfung/FFH-Vorprüfung (§ 34 BNatSchG); zusätzliche Zulassung nach EU-Recht bzgl. z.B. Verwendung nicht heimischer Tierarten), emissionsschutzrechtliche Zulassung (BImSchG), tierschutzrechtliche/veterinärrechtliche Zulassung (TierSchG, Tierseuchenrecht);
nicht bei z.B. Änderung oder Verlängerung bestehender Baugenehmigung.
Aquakulturbetriebe werden typischerweise im (unbeplanten) Außenbereich i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB errichtet. Die berufsmäßige Binnenfischerei gilt als Landwirtschaft nach § 201 BauGB (natürliches Gewässer als Voraussetzung dieser Fischerei; Futter für die Tiere stammt überwiegend aus eigenem Betrieb). Ein Aquakulturbetrieb im Nebenerwerb eines landwirtschaftlichen Betriebs ist ebenfalls baurechtlich privilegiert. Aquabetriebe an natürlichem Gewässer können als Bestandteil der Binnenfischerei gewertet werden. Für die Erstellung der Raumordnungspläne auf dem Lande sind es die Länder bzw. Regierungsbezirke oder Landkreise (i.E. § 13 ROG).
- sonst
wie zuvor, jedoch ohne das Baugenehmigungsverfahren (exklusive Baugenehmigung):
   wasserrechtliche/abwasserrechtliche(r) Fachbeitrag/Zulassung (§ 12 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Satz 1, § 60 Abs. 3 WHG i.V.m. WRRL der EU),
   naturschutzrechtliche Zulassung (BNatSchG mit Eingriffsregelungsüberprüfung (§§ 14, 15 BNatSchG),
   Artenschutzgutachten (§§ 44, 45 BNatSchG),
   Biotopschutzgutachten (§ 30 BNatSchG),
   ggf. Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) oder FFH-Verträglichkeitsprüfung/FFH-Vorprüfung (§ 34 BNatSchG)
   ggf. Zulassung nach EU-Recht bzgl. z.B. Verwendung nicht heimischer Tierarten),
   emissionsschutzrechtliche Zulassung (BImSchG),
   tierschutzrechtliche/veterinärrechtliche Zulassung (TierSchG, Tierseuchenrecht).
  
b) Küstengewässer (ohne AWZ) = marine Aquakultur
- strom- und schifffahrtspolizeiliche Genehmigung (§ 31 WaStrG),
- fischereirechtliche Genehmigung (§ 40 LFischG S-H) bzw. behördliche Beteiligung (§ 4 Abs. 2 LFischG M-V),
- wasserrechtliche Genehmigung (WHG) bzgl. Fische statt Muscheln oder Algen,
- wasserrechtliche Küstenschutzgenehmigung (§ 77 WasG S-H),
- Fischseuchengenehmigung (§ 3 FischSeuchVO),
- bei Muscheln: Ausweisung eines Muschelerzeugungsgebietes (EU-Verordnungen Hygiene 178/2002, 852/2004, 853/2004, 854/2004),
- bei gebietsfremden Arten: EU-Verordnung 708/2007,
- FFH-Verträglichkeitsstudie (§ 34 BNatSchG),
- Biotopschutz-Gutachten (§ 30 BNatSchG),
- Artenschutzgutachten (§§ 31-36 BNatSchG),
- Eingriffsprüfung/eingriffszulassung (§§ 14, 15 BNatSchG),
- wasserrechtlicher Fachbeitrag (WHG), sofern nicht bereits oben Genehmigung nach WHG - hier ggf. i.V.m. EU-MSRL.
 
c)
Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ)
Die Genehmigung der Aquakulturbetriebe in Nordsee oder Ostsee außerhalb des Küstenmeeres richtet sich nach dem Seeanlagengesetz (SeeAnlG). Bauanlagenrecht nach SeeAnlG. In der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) gilt die „Verordnung über die Raumordnung in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone in der Nordsee und in der Ostsee" (AWZROV). Für die Erstellung eines Raumordnungsplans in diesen Gebieten der Nordsee oder Ostsee ist das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen zuständig (§ 17 Abs. 1 ROG). 
  
4. Der laufende Betrieb (Wie des Betriebs/Betreibens)
...
 
Vor Ort im Binnenland greift das Baurecht. Übergeordnet ist das Raumordnungsrecht.

 
 
 
Zur Betriebszulassung

Es bedarf grundsätzlich einer wasserhaushaltsrechtlichen Genehmigung des Betriebs (§ 8 WHG). Die Auswirkungen (Emissionen) des Betriebs auf die Wasserqualität dürfen sich nicht verschlechtern. Besonders in Wasserschutzgebieten ist auf die Emissionen und auf Tierseuchen (Fischseuchen) zu achten. Ein besonderes Thema ist Höhe der entnehmbaren Wassermenge.
Es bedarf zusätzlich in aller Regel einer wasserstraßenrechtlichen Genehmigung nach §§ 31 und 1 WaStrG), ggf. auch einer immissionsschutzrechtlichen nach BImSchG.
Der Aquakulturbetreib hat Auswirkungen auf die Wassermengen in den Flüssen etc. Er bedarf der Genehmigung (s. sogleich = Wasserhaushaltsrecht).
Der Aquakulturbetrieb wirkt sich -- kraft -- Fiktion nicht oder selten auf die Bodennutzung aus (§ 14 Abs. 1, Abs. 2 BNatSchG, § 5 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG, § 17 BBodSchG. Im Übrigen jedoch (Artenschutz, Biotopschutz u.a.) müssen die Auswirkungen untersucht werden. Es bedarf dann einer naturschutzfachlichen Genehmigung (z.B. § 67 BNatSchG; Naturschutzrecht).
Der Betrieb hat im Falle der Nutzung der Flüsse und Bäche Auswirkungen auf das Befahren der großen oder kleinen Flüsse mit Schiffen (Wasserstraßenrecht).
Unter Umständen kommt auch das Immissionsschutzrecht zum Tragen.
 
 
Zum Tierschutzrecht
Fische in diesen Betrieben gelten als (fischwirtschaftliche = landwirtschaftliche) Nutztiere. Einzuhalten sind die Vorschriften in den Bereichen Tierschutzgesetz (§§ 2, 11 TierSchG), Tierseuchenrecht (Fischseuchenverordnung), Tiertransport und Tierschlachtung, Futtermittelrecht und Lebensmittelrecht.
Die angemessene Tierhaltung nach § 2 TierSchG ergibt sich nicht aus für Aquakulturen geltenden Vorschriften, sondern lediglich aus den nicht gesetzlichen Regeln der „guten fachlichen Aquakulturpraxis" sowie die Empfehlungen des Europarats für die Haltung von Fischen in Aquakultur.
Wer Tiere zur Erwerbszwecken hält (d.h. z.B. Fische in einer Aquakultur), muss eigenverantwortlich dafür Sorge tragen, dass er seine Tierhaltung dahingehend überprüft, ob/dass die Anforderungen nach § 2 TierSchG erfüllt sind. § 11 Abs. 8 TierSchG lautet: „Wer Nutztiere zu Erwerbszwecken hält, hat durch betriebliche Eigenkontrollen sicherzustellen, dass die Anforderungen des § 2 eingehalten werden. Insbesondere hat er zum Zwecke seiner Beurteilung, dass die Anforderungen des § 2 erfüllt sind, geeignete tierbezogene Merkmale (Tierschutzindikatoren ) zu erheben und zu bewerten." Die einschlägigen Tierschutzindikatoren und Tierhaltungsstandards werden von Vereinen und Verbänden zusammengestellt und verabschiedet. Letztlich delegiert der Gesetzgeber die inhaltliche Ausfüllung des § 2 TierSchG an die Fischwirtschaft.
Darüber hinaus können im Einzelfall die Verbote nach § 3 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 10 TierSchG einschlägig sein.
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5 lit. a TierSchG unterliegen Nutztierhaltungen und Tierschlachtungseinrichtungen und Tiertransportbetriebe der tiergewerblichen Behördenaufsicht. Verstöße gegen § 2 TierSchG können von der Tierschutzbehörde nach § 16a Abs. 1 Nr. 1 TierSchG unterbunden werden. Ordnungswidrigkeiten können nach § 18 TierSchG begangen werden, Straftaten nach § 17 TierSchG.
 
Zur Energieversorgung
Der Nationale Strategieplan Aquakultur hält fest, dass sich auch Aquakulturbetriebe um den Einsatz von Elektroenergie oder um Wärme aus regenerativen Energiequellen kümmern mögen. Eine Befreiung von der EEG-Umlage o.ä. wird dort abgelehnt.
 

 

 
Links:
Verband der Deutschen Binnenschifferei und Aquakultur (VDBA).
Bundesverband Aquakultur (BVAQ).
Der Nationale Strategieplan Aquakultur für Deutschland (NASTAQ 2021-2030).
Maritimes Cluster Norddeutschland e.V. (Netzwerk MCN).
Marine Biotechnologie Schleswig-Holstein (Masterplan/Recherche), regionale Entwicklungsstrategie 2012.
Europäischer Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (EMFAF) Infos BLE.
Liste geschlossener Aquakulturanlagen mit artfremden Tierarten (BMEL, Liste).
Thünen-Institut Bremerhaven, Fischökologie (Thünen).
 
 
 
Offenbach am Main, 13.12.2024
 
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