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Versammlungsrecht |
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Beispiele:
Strafverteidigung bzgl. Klimaaktivisten
Ordnungswidrigkeitsrecht bzgl. Versammlung
Rechtsschutz gegen Versammlungsverbot
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Versammlung
Versammlung
ist nicht gleich Versammlung. Die Teilnehmer einer Versammlung bilden
keine von anderen Personen eindeutig abgrenzbare Gruppe von Personen.
Anders als die Mitglieder einer politischen Partei oder eines
eingetragenen Vereins sind sie nicht formell greifbar. Ein jeder Mensch
kann für fünf Minuten an einer Versammlung teilnehmen und
dann wieder nach Hause gehen. Ein Mensch kann auch bloß zuschauen
und ist dann Zuschauer statt Versammlungsteilnehmer (Beispiel:
Karnevalsumzug).
Neben einer Versammlung findet nicht selten eine Gegenversammlung oder
eine sonstige weitere Versammlung statt. Tritt ein bestimmter Mensch
dann bei dieser oder bei jener Versammlung auf? Wo liegt die
räumliche Grenze zwischen zwei Versammlungen?
Das gesamte Versammlungsgeschehen kann sehr schnelllebig und
unübersichtlich sein oder werden. Die Beurteilung bezieht sich ggf. auf bestimmte, sehr kurze Zeitspannen. Was um 13.13
Uhr galt, kann um 13.44 Uhr schon ganz anders aussehen.
Ab wann ist ein Zusammenkommen eine Versammlung?
Es
müssen sich mindestens zwei oder drei Personen treffen. Zwei
demonstrierende Menschen – und sei es auf der Straße oder
einen Eisenbahngleis – genügen nach einer von mehreren
Rechtsauffassungen nicht, sondern geben mit ihrer
Meinungsäußerung eine private Stellungnahme nach Artikel 5
GG (Meinungsfreiheit) ab. Allerdings können zwei Personen in einem
konkreten Fall dann der Beginn einer sich noch entwickelnden
Versammlung sein. Dann zählt diese Versammlung als
Vorbereitungshandlung zum Versammlungsrecht i.S.d. GG dazu.
Die Zusammenkunft muss am selben Ort mit körperlicher Anwesenheit
stattfinden. Online-Versammlungen i.S.d. Art. 8 GG gibt es nicht.
Die zeitliche Dauer ist kürzer als „dauerhaft“.
Zusammenkünfte von mehreren Wochen können (noch) eine
Versammlung sein. Zusammenkünfte von mehr als Monaten (wohl) nicht.
Entscheidend
ist – zwecks Abgrenzung gewöhnlicher Zusammenkünfte
– zum einen ein gemeinsamer Wille der Teilnehmer als
Versammlungszweck. Die Zusammenkunft als solche, z.B. ein Treffen auf
der Straße, ist bloß eine Ansammlung von Menschen. Um eine
Versammlung zu sein, bedarf es mehr. Auf einem Stadtfest,
Straßenfest, Volksfest oder Jahrmarkt fehlt dieser gemeinsame
Wille; dort ist jeder Anwesende aus eigenem Interesse „für
sich selbst“ anwesend. In aller Regel ist auf die Informationen
zu achten, welche kundgetan werden (sollen). Die
Meinungsäußerungen müssen das gleiche Thema der
Meinungsbekundung haben. Im Kern geht es bei der Versammlungsfreiheit
um ein Kommunikationsgrundrecht. Die Versammlungsteilnehmer wollen
etwas sagen – eine Meinung. Auf die zu vermittelnde Botschaft
(Message) als solche kommt es an. Versammlungen i.S.d. GG sind
beispielsweise Mitgliederversammlungen (Jahreshauptversammlung) oder
ein Chor (gemeinsames Musizieren) oder ein Sportfest, an welchem Kinder
mit ihren Eltern aktiv teilnehmen und bei welchem nicht der
Zuschau-Konsum im Vordergrund steht.
Zum
anderen muss die kundgetane Meinung – so die eine
Rechtsauffassung – inhaltlich etwas mit einem
politischen Thema zu tun haben. Es kommt auf einen Beitrag zur
öffentlichen Meinungsbildung an. Treffen zwecks Vergnügens
wie Sport, Kultur oder Wissenschaft (eher Handlungen statt politische
Meinungen) reichen nicht. Die Berliner Love Parade beispielsweise
sei
eine öffentliche Massenparty (ein gemeinsamer Zusammenkunftswille
war vorhanden) und nicht eine Versammlung i.S.d. Art. 8 GG (der
Weltöffentlichkeit sollte keine politische Botschaft vermittelt
werden). Allerdings: Diese inhaltliche Einschränkung steht nicht
im Text des Artikels 8 GG. Deshalb kann diese Rechtsauffassung in
praktischer Konsequenz auch bloß als strittig eingestuft werden.
Doch diese Rechtsauffassung ist inzwischen ganz herrschende Meinung
(seit der Entscheidung des BVerfG zur Love Parade 2001). Die
Versammlungsfreiheit i.S.d. Art. 8 GG sei ein politisches Grundrecht.
Ein gewisser Bezug des Themas zu Angelegenheiten der Allgemeinheit wird
erwartet. Im Zweifel wird dieser Bezug bejaht. Nach der anderen
Rechtsauffassung besteht für eine Begrenzung der
Versammlungszwecke kein Anhaltspunkt. Auch „private“ statt
nur „politische“ Versammlungen seien verfassungsrechtlich
geschützt.
Zusammenkünfte,
die hiernach keine Versammlung i.S.d. Grundgesetzes sind, können
aber Versammlungen i.S.d. Landesversammlungsgesetzes sein. Für diese Versammlungen gilt das Versammlungsgesetz
ohne das Grundgesetz.
Grundgesetz
Verfassungsrechtlich geschützt sind friedliche Versammlungen, d.h. Versammlungen ohne Waffen und ohne Randale. Artikel 8 Absatz 1 GG
lautet: "Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder
Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln." Wer seine Meinung
mit Plakaten und Rufen (Parolen) kundtut, darf dies
(grundsätzlich) jederzeit und an jedem Ort.
Wer eine Versammlung dazu ausnutzen will, um in
Geschäften/Einkaufsläden zum Beispiel Fensterscheiben
einschlagen oder sich auf der Straße mit anderen Menschen
prügeln möchte (im Fußballbereich Hooligans genannt),
kann sich auf sein Grundrecht auf friedliche Demonstrationsfreiheit
nicht berufen. Die Versammlungsfreiheit unterstützt die
Meinungsfreiheit (und ggf. auch die Religionsfreiheit). Sie dient aber
nicht dazu, die Gesundheit oder das Sacheigentum anderer Menschen
(Staatsbürger wie auch Ausländer) zu verletzen bzw. zu beschädigen. Kurzum: Die
Versammlungsfreiheit dient den Worten, nicht auch den (Gewalt-)Taten.
Das Grundrecht auf gewaltfreie und auch sonst friedliche Versammlungen darf eingeschränkt werden. Artikel 8 Absatz 2 GG
heißt: "Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses
Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt
werden." Einschränkende Gesetze sind insbesondere die Vorschriften
der Versammlungsgesetze der Bundesländer (VersG xyz) sowie Vorschriften,
welche sich beiläufig auf Versammlungen auswirken (z.B. § 240 StGB (Nötigung), aktuell bei den sog. Klima-Klebern der "letzten Generation" (Link direkt; Link Info auf Wikipedia) relevant).
Der Schutzbereich
Artikel
8 Absatz 1 GG lautet: "Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne
Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen [mit dem Ziel der
Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung und
Meinungsäußerung] zu versammeln." Das Grundrecht dient der
kollektiven/gemeinsamen Kundgabe von Meinungen (des Volkes oder dem
Volke). Es ist für einen Staat, im welchem eine freiheitliche
Grundordnung gelebt wird, ganz wichtig. Es steht neben den übrigen
Grundrechten/Menschenrechten auf derselben Stufe. Es verdrängt
lediglich als vorrangiges Grundrecht das Recht auf Ausübung der
allgemeinen Handlungsfreiheit.
Rechtlich
geschützt sind die Entscheidungen über den Ort der
Versammlung (einschließlich der Wegstrecke/Route), den Zeitpunkt
der Versammlung (Tag/Uhrzeit), die Art und Weise der Darbietung der
Meinungsäußerungen (Reden halten, Flyer verteilen,
Infostände aufstellen, Lautsprecher benutzen, künstlerische
Szenen darbieten, musikalische Einlagen liefern, etc.), die Anreise und
die Abreise zur bzw. von der Versammlung.
Nicht
rechtlich geschützt ist die Gewaltanwendung. Waffen sind Pistolen,
Gewehre, Schwerter und Dolche etc. (klassische Waffen) sowie
Gegenstände, welche zur Körperverletzung von Menschen
bestimmt sind (z.B. Baseballschläger oder Metallstangen, sofern
diese hierzu zum Versammlungsort mitgenommen werden). Eine unfriedliche
Versammlung ist eine Versammlung, während welcher
Gewalttätigkeiten ohne Waffen begangen werden, also eine gewisse
Schwere von Gefährlichkeit für die körperliche
Unversehrtheit festzustellen ist (z.B. Sachbeschädigungen wie das
Einschlagen von Fensterscheiden von Ladengeschäften oder
Körperverletzungen durch Verprügeln). Kurz: Teilnehmer wie
aktive Hooligans. Rechtlich: zumeist Landfriedensbruch gemäß
§ 125 StGB.
In beiden Fallvarianten (friedlich bzw. ohne Waffen) kommt es darauf
an, wie sich die Mehrheit Versammlungsteilnehmer verhält.
Verstöße einzelner Teilnehmer gehen nicht zulasten der
gesamten Versammlung aus.
Sitzblockaden auf der Straße sind passive, friedliche
Versammlungen. Sie sind vom Grundrecht umfasst, d.h.
verfassungsrechtlich geschützt.
Das
Grundrecht schützt den Veranstalter und die Teilnehmer vor
staatlichen Eingriffen. Es schützt/gewährleistet auch das
Recht auf Teilnahme, d.h. auf Zutritt zu einer bereits laufenden
Versammlung.
Im Grundrechtsartikel steht nicht,
dass der Versammlungsbegriff begrenzt wird/ist auf öffentliche
Versammlungen. Zum Schutzbereich zählen deshalb auch
nichtöffentliche Versammlungen (individuell begrenzter
Teilnehmerkreis).
Auch gibt es keine Begrenzung auf Versammlungen unter freiem Himmel. Diese Einschränkung steht erst im Artikel 8 Absatz 2 GG.
Dort wird bestimmt, dass die Versammlungen unter freiem Himmel von dem
Erfordernis einer Versammlungsanmeldung abhängig gemacht werden
dürfen. Demgegenüber dürfen Versammlungen in
geschlossenen Räumen nicht von einer Versammlungsanmeldung
abhängig gemacht werden.
Die Grundrechtsträger
Grundrechtsberechtigte sind zunächst die Deutschen (Wortlaut des
Artikel 8 GG). Die Grundrechtsberechtigten können nicht nur
einzelne Menschen sein, sondern auch in Deutschland ansässige
Vereine oder sonstigen juristischen Personen.
Keine Grundrechtsträger sind Ausländer, insbesondere
ausländische Staatsgäste. Diesen steht ein Recht auf
Teilnahme an einer Versammlung nicht zu. Zumindest nicht aus Artikel 8
GG (Beispiel: türkischer Staatspräsident zu Besuch bei
Staatsbürgern mit deutscher und zugleich türkischer
Staatsangehörigkeit in Deutschland). Möglicherweise aber nach
dem Versammlungsgesetz des jeweiligen Bundeslandes.
Der Grund für die Unterscheidung zwischen Deutschen und
Ausländern liegt – nach herrschender Meinung – in der
historischen Tatsache begründet, dass der Schutzbereich des
Grundrechts nur Zusammenkünfte umfasst, welche einen thematischen
Allgemeinheitsbezug, einen politischen Bezug haben. Ausländer
dürfen nicht wählen. Deshalb benötigen sie auch nicht
das politische Grundrecht. Es reicht ihnen das einfachgesetzliche
Versammlungsrecht.
Eingriffsgesetze
Artikel
8 Absatz 2 GG bestimmt: „Für Versammlungen unter freiem
Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes
beschränkt werden.“ Dies bedeutet mit Blick auf Art. 8 Abs.
1 GG: Beschränkt werden kann das „Recht, sich ohne Anmeldung
oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“, und zwar
bezüglich der „Versammlungen unter freiem Himmel“.
Nicht mit einem Gesetz beschränkt werden kann das Recht, sich in
baulich seitlich geschlossenen Gebäuden zu versammeln. Das
Grundrecht, sich in Gebäuden zu versammeln, kann jedoch/nur nach
anderen Grundrechtsgesetzesvorbehalten wie Artikel 2 Abs. 2 GG zum
Schutz von Leib und Leben eingeschränkt werden. Eine Ausnahme: Das
Verbot, dass Soldaten an Versammlungen nicht teilnehmen dürfen,
wenn sie in Uniform gekleidet sind, darf sowohl das Recht auf
Versammlungen in geschlossenen Räumen als auch das Recht auf
Versammlungen unter freiem Himmel beschränken (Art. 17a Abs. 1 GG).
Dies bedeutet, dass die Vorschriften des Versammlungsgesetzes des
Landes (bzw. des Bundes) streng danach zu unterscheiden sind, ob sie
Versammlungen unter freiem Himmel betreffen (Zulässigkeit nach
Art. 8 Abs. 2 GG) oder ob sie Versammlungen in geschlossenen
Gebäuden betreffen (z.B. §§ 5 VersammlG des Bundes;
Zulässigkeit nur nach den Anforderungen, welche für
gesetzesvorbehaltlose Grundrechte gelten.
Im VersammlG des Bundes gelten die §§ 5 bis 13 VersammlG
für (öffentliche) Versammlungen in geschlossenen Räumen.
Formell verfassungswidrig ist/erscheint § 7 VersammlG des Bundes:
„Jede öffentliche Versammlung muß einen Leiter
haben.“ Für das Inkraftsetzen dieser Vorschrift fehlt ein
Gesetzesvorbehalt; denn ein Gesetzgebungsgrund gemäß
kollidierendem/berechtigendem Verfassungsrecht ist nicht ersichtlich.
Das
Gesetz, mit welchem der Staat in das Grundrecht auf
Versammlungsfreiheit unter freiem Himmel eingreift, ist das
Versammlungsgesetz des Bundes bzw. das Versammlungsgesetz des Landes.
§ 14 Abs. 1 VersammlG
lautet: „Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung
unter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies
spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen
Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des
Aufzuges anzumelden.“ Die Vorschrift hebelt die Anmeldefreiheit
nach Art. 8 Abs. 1 GG durch einfaches Gesetz aus. Art. 8 Abs. 1 GG
heißt: „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung
oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ Darf das
sein, dass der Bund die verfassungsrechtlich gesicherte Anmeldefreiheit
gänzlich außer Kraft setzt? Das BVerfG hat die
Zulässigkeit bezüglich Großdemonstrationen bejaht
(BVerfGE 69, 315 (357 ff.). Nach dem Verfassungsrecht ist diese
Entscheidung falsch – wenn auch menschlich verständlich.
Darüber hinaus greifen mittelbar/beiläufig diejenigen Gesetze
in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ein, welche für Handlungen generell gelten (etwa
das Verbot der Nötigung nach § 240 StGB). Die
Zulässigkeit solch allgemeiner Gesetze ergibt sich aus der sog.
verfassungsimmanenten Schranke des Grundrechts.
Darf der Staat eingreifen und hat der Staat eingegriffen (sog. formelle
Rechtmäßigkeit), heißt dies nicht automatisch, dass
der gesetzliche oder behördliche Eingriff rechtmäßig
ist. Sondern es muss noch geprüft werden, ob der jeweilige
Eingriff insbesondere verhältnismäßig ist oder nicht
(sog. materielle Rechtmäßigkeit).
Eingriffe
Eingriffe sind beispielsweise
- die Anmeldepflicht (vgl. Art. 8 Abs. 1 GG: ohne Anmeldung),
- die Erlaubnispflicht (vgl. Art. 8 Abs. 1 GG: ohne Erlaubnis),
- das Verbot einer Versammlung,
- das Behindern der Hinfahrt zur Versammlung,
- in die zeitliche Länge ziehende Personenkontrollen von künftigen Teilnehmern,
- massives Begleiten einer Versammlung (Aufzug) durch die Polizei,
- das Fotografieren oder Filmen der Versammlung durch die Polizei,
- gänzliches Fehlen von polizeilichem Schutz der Versammlungsteilnehmer?,
- die Auflösung einer Versammlung,
- das Erteilen von Auflagen,
- strafrechtliche Sanktion (z.B. § 240 StGB i.S.d. Rechtsprechung).
Strafrecht
§ 240 Absatz 1, Absatz 2 StGB lautet: "Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt
oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung,
Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Rechtswidrig ist die Tat,
wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem
angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist."
Die beiden Kernfragen heißen: a) Nötigen mit oder ohne Gewalt? b) Welches Nötigen mit Gewalt ist verwerflich,
welches nicht?
Das Reichsgericht (von 1872 bis 1945) hatte
entschieden, dass die Nötigungshandlung allein nicht ausreicht, sondern eine körperliche Einwirkung auf das Tatopfer
hinzutreten muss, um von der Anwendung einer Gewalt (Nötigungsmittel) sprechen
zu können. Eine seelische Einwirkung auf das Opfer reiche nicht.
Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte diese
Rechtsprechung von 1950 bis 1969 (1995) fort, verzichtete sodann aber endgültig
ab 1995 auf die Voraussetzung einer körperlichen Einwirkung, so dass eine rein
seelische Einwirkung ausreiche.
Das BVerfG hob diese Rechtsprechung im Jahre
1995 auf (BVerfGE 92, 1), billigte sie aber ab 2001 dennoch wieder. Der BGH setzte seine
Rechtsprechung mit der sog. Zweite-Reihe-Rechtsprechung dann fort. Das BVerfG
akzeptierte schließlich im Jahre 2011 endgültig diese Umgehung der Entscheidung
des BVerfG aus dem Jahre 1995.
Seitdem setzt die Gewaltanwendung in Deutschland keine körperliche
Einwirkung mehr voraus. Es genüge ein körperliches Hindernis (z.B. Auto),
welches auf andere Personen nicht einwirkt.
Eine Sitzblockade ist eine
friedliche i.S.d. Art. 8 GG und sei zwar wegen ihrer Passivität gegenüber den
Stauteilnehmern (Autofahrern) der ersten Staureihe eine gewaltlose. Jedoch sei
dieselbe Sitzblockade trotz ihrer Passivität auch eine gewaltvolle, weil die
Sitzblockierer die Autos der ersten Staureihe als körperliches Hindernis gegenüber
den Autofahrern der zweiten Reihe einsetzen würden. Das körperliche Hindernis
reiche aus, um eine körperliche Einwirkung i.S.d. § 240 StGB zu bejahen. Wirklich? BGH
und BVerfG sehen hierin keinen intellektuellen Widerspruch.
Verwaltungsrecht
Wer
eine Versammlung beginnen/starten möchte, muss diese "anmelden".
Anmelden bedeutet: bei der Behörde anzeigen.
Gesetze
Versammlungsgesetz des Bundes (VersammlG); gilt in Bundesländern ohne eigenes Versammlungsgesetz fort (Art. 125a GG).
Versammlungsgesetz Schleswig-Holstein (VersFG Schl.H.)
Versammlungsgesetz Hamburg
Versammlungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern
Versammlungsgesetz Bremen
Versammlungsgesetz Niedersachsen (NVersG)
Versammlungsgesetz Sachsen-Anhalt (VersammlG LSA)
Versammlungsgesetz Brandenburg
Versammlungsgesetz Berlin (VersFG BE)
Versammlungsgesetz Sachsen (SächsVersG)
Versammlungsgesetz Thüringen
Versammlungsgesetz Hessen
Versammlungsgesetz Nordrhein-Westfalen (VersG NRW)
Versammlungsgesetz Rheinland-Pfalz
Versammlungsgesetz Saarland
Versammlungsgesetz Baden-Württemberg
Versammlungsgesetz Bayern (BayVersG)
Überblick auf Wikipedia (Versammlungsrecht).
Das
(jeweilige) Versammlungsgesetz geht dem (jeweiligen) Polizei- und
Ordnungsrecht vor, sofern und soweit das Versammlungsgesetz für
die in Rede stehende Rechtsfrage eine gesetzliche Regelung
enthält. Fehlt eine solche Regelung, d.h. "schweigt“ das
Versammlungsgesetz, dann kann das Polizei- und Ordnungsrecht angewandt
werden (Grundsatz der sog. Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts).
Das Versammlungsrecht geht dem Polizei- und Ordnungsrecht nicht
absolut/ausnahmslos vor.
Zuständige Ordnungsbehörden sind die Ordnungsbehörden
der kreisfreien Städte und der Landkreise, in einigen
Bundesländern auch der großen kreisangehörigen
Städte. In den "Stadtstaaten" sind es der Innensenator (Hamburg),
die Ortspolizeibehörde (Bremen) und der Polizeipräsident
(Berlin). Ordnungsbehörden und Polizeibehörden sind in
einigen Bundesländern organisatorisch strikt getrennt
(Trennungsprinzip), in anderen nicht (Einheitsverwaltung).
Offenbach am Main, 05.01.2023
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